Energie:Freie Wähler machen gegen Stromtrassen mobil

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Eine von der Landtagsfraktion bestellte Studie lässt kein gutes Haar am Netzentwicklungsplan der Bundesregierung

Von Christian Sebald, München

Nun dürfte der Streit um die Stromautobahnen nach Bayern wieder an Fahrt aufnehmen. Denn eine Studie, welche die Landtagsfraktion der Freien Wähler (FW) bei der Forschungsgesellschaft für Alternative Technologien und Wirtschaftsanalysen in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Ergebnis, dass der aktuelle Netzentwicklungsplan Alternativen zu den beiden Trassen ignoriert und deshalb neu berechnet werden muss. So heißt es in dem Papier: "Die Kosten des Netzausbaus bleiben unberücksichtigt, woraus überhöhte Strompreise resultieren und wodurch zudem Gaskraftwerke endgültig unwirtschaftlich gemacht werden." Auch auf den Bau von Reservekraftwerken werde zu wenig eingegangen. "Der aktuelle Netzentwicklungsplan ist das Papier nicht wert, auf dem er steht", sagt der FW-Energiepolitiker Thorsten Glauber denn auch. "Er macht nur dann Sinn, wenn wir bis zum Sankt Nimmerleinstag auf Braunkohlestrom setzen." Die FW fordern die Überarbeitung des Netzentwicklungsplans.

Der Netzentwicklungsplan ist der Masterplan der Bundesregierung für den Ausbau der Stromnetze in Deutschland, der für die Energiewende nötig ist. Er hat Gesetzeskraft. Der sogenannte SuedLink und die Gleichstrompassage Süd-Ost sind zwei zentrale Leitungsprojekte in ihm, sie sind zugleich besonders stark umstritten. Die beiden Stromautobahnen, so ihre Befürworter, sollen einmal Unmengen Windstrom aus Norddeutschland nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren, aber auch Sonnenstrom aus dem Süden nach Norddeutschland. Außerdem sollen sie einen gewichtigen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Die Bevölkerung, aber auch zahlreiche Lokalpolitiker und Umweltverbände wie der Bund Naturschutz halten die Stromautobahnen dagegen für überflüssig und lehnen sie strikt ab. Sie verlangen eine dezentrale Energiewende, die auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und viele kleine Kraftwerke in Bayern setzt. Außerdem fordern sie Initiativen für Stromsparen.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) teilte die Position der Trassen-Gegner über Monate hinweg. Im Juli vollzog Seehofer aber eine Kehrtwende und stimmte den Stromautobahnen zu - unter der Voraussetzung, dass die bisherigen Pläne für ihren Verlauf überarbeitet und Erdkabel Vorrang vor Freileitungen haben. Die Trassen-Gegner, unter ihnen auch der Bund Naturschutz, wendeten sich darauf hin enttäuscht von Seehofer ab. Schließlich hatten sie über Monate fest darauf vertraut, in ihm einen starken Verbündeten zu haben, der die Projekte verhindern kann.

Natürlich haben die Freien Wähler nicht das politische Gewicht von Ministerpräsident Seehofer und Co. Dennoch sind sie eine starke Unterstützung für die Trassen-Gegner. Zumal ihre Positionen gleichsam identisch sind. "Wir sind überzeugt davon, dass - gemeinsam mit weiten Maßnahmen wie Stromspeichern, Stromeinsparung und Reservekraftwerken - der Netzausbau reduziert und auf die Stromautobahnen verzichtet werden kann", sagte Glauber bei der Präsentation des neuen Gutachtens. "Eine ambitionierte Bürgerenergiewende mit Speichern und flexiblen Ersatzkraftwerken macht die Trassen überflüssig."

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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