Hans Zach wird 70:"Seine Ansprachen sind legendär"

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"Wenn er sich in Rage geredet hat, und einer wollte mit ihm diskutieren - da warst' besser stad", sagt Axel Kammerer, Zachs Mitspieler und später sein Co-Trainer: (Foto: imago/Revierfoto)

Der ehemalige Eishockey-Bundestrainer Hans Zach ist als harter und polternder Mensch bekannt - doch er hat auch andere Seiten. Nun wird er 70 Jahre alt.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Ruhig? Nein, "ruhig war der Hans nie". Klaus Kathan hat viele Jahre unter dem Eishockey-Trainer Hans Zach gespielt, im Verein und in der Nationalmannschaft, bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Beide kommen aus Bad Tölz und kennen sich seit Jahrzehnten. Aber ruhig? Nein, ruhig habe er Zach nie erlebt, sagt Kathan. "Vielleicht in der Früh, wenn er vom Fischen erzählt hat." Aber sonst "war der Hans eigentlich immer laut". Ein "Klassiker" seien Zachs Kabinenansprachen gewesen: "Dann ist er reingekommen, hat die Mannschaft auf gut Deutsch zusammengeschissen, ist wieder raus und hat die Tür zugeknallt." Danach habe man die Sekunden zählen können: fünf, vier, drei, zwo, eins. "Dann ist er wieder reingekommen, und es ging weiter." Und wehe, einer habe gelacht: "Dann hattest du ein Riesenproblem."

Ja, sagt Axel Kammerer, Zachs Mitspieler und später sein Co-Trainer: "Seine Ansprachen sind legendär. Wenn er sich in Rage geredet hat, und einer wollte mit ihm diskutieren - da warst' besser stad."

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Ein Text über Hans Zach ohne die Vokabel "Alpenvulkan" ist undenkbar. So lautet der Titel seiner 2003 erschienenen Autobiografie: "Ich, der Alpenvulkan." Zachs Eruptionen gegen Schiedsrichter, Journalisten und unfähige Funktionäre sind in der Branche berüchtigt. Dem TV-Kommentator Fritz von Thurn und Taxis attestierte er vor laufender Kamera Ahnungslosigkeit ("Ich bin nicht z'wider! Sie verstehen das nur wieder falsch!"), Englisch sprechende Kollegen belehrte er in Pressekonferenzen darüber, dass dies die Deutsche Eishockey Liga sei - mit der Betonung auf "deutsch".

Wer Zach beruflich begegnet ist, kennt die aufgerissenen Augen und die noch weiter aufgerissenen Kiefer mit den beeindruckend kräftigen Zahnreihen, die selbst Jürgen Klopp erblassen lassen würden. Aber es gibt auch den anderen Hans Zach, dem es nicht gerecht werden würde, ihn auf sein kochendes Blut zu reduzieren. Den seine Spieler als hart und polternd, aber geradeaus und fair beschreiben und zu hundert (er selbst würde sagen: tausend) Prozent verlässlich. Als einen gefühlvollen Menschen, der es immer geschafft habe "ein Team zu formen", wie Kammerer sagt, einen "inneren Zirkel, vom Vorstand bis zum Busfahrer". Unter Zach sei es "familiär" gewesen.

Die Familie. Sie ist der Schlüssel für Zachs Ehrgeiz, seinen Drang, sich der Welt zu beweisen. Zwei Tage nach seiner Geburt stand die Mutter bereits wieder hinter dem Tresen der elterlichen Metzgerei in der Marktstraße. Sein Vater starb, als Hans Zach gerade 16 war. Trotzdem, sagt er, "war die Welt damals in Ordnung". Der Großvater durchstreifte mit ihm die Natur und schnitzte ihm Pfeifen aus Holz. Sein Vater habe ihm geraten, bloß nicht Metzger zu werden wie er. Aber diese Natur, die Zach so liebt, hat ihn mit einem eigenen Kopf ausgestattet. Also machte er eine Lehre zum Metzger ("das waren wilde Hunde, das hat mich fasziniert"), machte seinen Meister, absolvierte eine Ausbildung zum Physiotherapeuten und medizinischen Bademeister und beendete 1988 sein Studium an der Kölner Sporthochschule mit einem Diplom - als erster Eishockey-Trainer und natürlich als Jahrgangsbester. Ein Abenteurer mit akademischer Basis.

Sein sportliches Vorbild war der 16 Jahre älterer Bruder Martin, der 1956 neben dem legendären Hans Rampf als erster Tölzer zu Olympischen Winterspielen fahren durfte. Bis 1970 spielte Hans Zach beim EC Bad Tölz, danach stürmte er für Riessersee, Berlin, den EV Landshut - wo er seine Frau Slada kennenlernte - und Rosenheim. 1976 und 1982 wurde er Meister, 1980 nahm er an den Olympischen Spielen in Lake Placid teil. 1984, mit 35, beendete er seine Laufbahn als Spieler. Seine Bilanz: "War ganz okay", findet Zach.

Noch erfolgreicher und prägend für eine ganze Epoche sollte er als Trainer werden: 1991 bis 1993 gewann Zach mit der Düsseldorfer EG drei Titel in Serie, 2010 mit Hannover den vierten. Bis heute ist er der einzige deutsche Meister-Trainer in 25 Jahren DEL. "Als Poltergeist allein holst du keine vier Meisterschaften und erreichst bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen nicht viermal das Viertelfinale. Du musst schon was draufhaben", hat Zach dem Donaukurier gesagt. Klaus Kathan, heute selbst Nachwuchstrainer, sagt: "Ich habe viel von ihm gelernt." Nicht nur sportlich, auch über das Leben als Profi. Zum Beispiel, wie ein Sportlerfrühstück auszusehen habe: Müsli mit warmer Milch und Honig, jeden Tag. Nicht glamourös, aber gesund.

2014 hat Zach seine Trainerkarriere beendet, aber im Ruhestand sei er nicht: "Ich bin immer auf Achse, mit der Sonne raus." Er genieße das Radfahren, das Fischen, die Spaziergänge mit seiner Frau, die Zeit mit der Enkelin. Und vor allem, immer wieder, die Natur an der Isar. "Hier bin ich aufgewachsen, hier sterbe ich", sagt Zach.

Kurz vor seinem 70. Geburtstag an diesem Samstag verschickten die Agenturen Fotos von Hans Zach. Auf den meisten sieht man ihn brüllend, blutend, bebend. Je jünger die Fotos werden und je älter Zach darauf ist, desto häufiger sieht man ihn aber lächelnd. Sie zeigen den anderen Hans Zach, der von sich sagt: "Ich bin gesund, beschäftigt und zufrieden." Sie zeigen den wilden, harten Hund von seiner milden, weichen Seite. Als 2017 sein Mitspieler Lenz Funk starb, war Zach einer der Letzten, die den einst besten deutschen Stürmer besuchten. Was sie gesprochen hätten? Nicht viel, hat Zach damals erzählt. Der Freund sollte nur wissen, dass er da ist. Denn: Leise sein kann er schon auch.

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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