CSU:Auf nach Schloss Guttenberg!

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Fast wie eine Voodoo-Beschwörung: Die CSU setzt all ihre Hoffnungen auf Karl-Theodor zu Guttenberg. Doch die Phantasien um ihn haben mit der realen Politik sehr wenig zu tun.

Annette Ramelsberger

Am Donnerstag war Karl-Theodor zu Guttenberg beim großen alten Meister der CSU zum Kaffee geladen: Edmund Stoiber wollte den Minister daheim in Wolfratshausen empfangen - so wie er einst die CDU-Vorsitzende Angela Merkel privat zu sich lud, um mit ihr zu besprechen, dass er für die Kanzlerschaft kandidiert.

Karl-Theodor zu Guttenberg: Auf dem Verteidigungsminister ruhen die Hoffnungen der CSU. (Foto: dapd)

Private Treffen in Wolfratshausen sind seitdem symbolisch aufgeladen, und Stoiber weiß mit diesen Symbolen zu spielen. Er lädt den jungen Verteidigungsminister quasi zur Salbung zu sich. Und macht damit klar, wen er für geeignet hält, sein Erbe zu übernehmen.

So wie Stoiber sehen viele in der CSU in Guttenberg den Garanten dafür, dass ihre Partei nur eine vorübergehende Schwächephase durchleidet und bald wieder zu neuem Glanz erblüht. Auf ihn setzen sie ihre Hoffnung in einer Weise, die an Voodoo-Beschwörung erinnert. Guttenberg, das ist nicht nur der mögliche Kanzlerkandidat und CSU-Chef. Er ist auch Heilsbringer, Sinngeber, der Mann, durch den die CSU wieder die Herzen der Menschen erringen will.

Und offenbar gelingt das auch. Noch nie hat jemand solche Sympathiewerte wie Guttenberg bekommen. In der neuesten Umfrage geben ihm die Bayern die Note 1,9. Der eigentliche CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident, Horst Seehofer, kommt auf die Note 3,1. Womit er sich bereits verbessert hat.

Nach den neuen Umfragen könnte die CSU bei Landtagswahlen wieder 46 Prozent der Wähler auf sich vereinen und allein regieren, wie früher. Viele Konservative, die sich 2008 von der schwächelnden Traditionspartei abwandten und zu den Freien Wählern oder der FDP wechselten, schauen nun sehnsüchtig zurück: Gegen einen Guttenberg verblasst die bayerische FDP; vom grobschlächtigen Anführer der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, ganz zu schweigen. Da drängen dann doch viele Bayern lieber nach Schloss Guttenberg, auch wenn niemand sagen kann, ob und wann von dort etwas zu erwarten ist.

Die Phantasien um Guttenberg haben mit der realen Politik der CSU sehr wenig zu tun. Die Regierung unter Horst Seehofer bemüht sich wacker, dass ihr die Landesbank mit all ihren Skandalen nicht um die Ohren fliegt. Dank des Wirtschaftsaufschwungs bekommt sie ächzend und mit viel Glück einen ausgeglichenen Haushalt hin. Sie kürzt allerorten, aber nicht so, dass ihr wie zu Stoibers Zeiten die Stammwähler abhanden kommen. Sie schlägt sich durch den Alltag ohne Glanzlichter, aber mit einzelnen Farbtupfern. So ist es Seehofer gelungen, gegen breiten Widerstand eine Frauenquote in der Partei zu installieren. Und nach einem Jahr voller Seitenhiebe Richtung Berlin versucht er nun, die schwarz-gelbe Koalition dort in Ruhe zu lassen - bevor ein Dauerstreit von FDP und CSU sie noch auseinanderreißt.

Seehofer ist bewusst, dass ihm nicht erst im Herbst die nächste Bewährungsprobe bevorsteht, wenn es darum geht, ob der Parteitag ihn wieder zum CSU-Chef wählt. Eine solche Bewährungsprobe könnte es bereits viel früher geben. Denn sollte im März in Baden-Württemberg die CDU aus der Regierung vertrieben werden, dann dürften die Ausläufer dieses Erdbebens auch Bayern erschüttern - mit vielfältigen Konsequenzen.

Nicht zufällig stellt sich die CSU deshalb so vehement gegen die Grünen, die sie als ihren eigentlichen Gegner identifiziert hat. Auf Parteitagen wettern die CSU-Mannen gegen die Ökopartei, in einem Werbefilm im Internet werden die Grünen als Steinewerfer und Straftäter diffamiert. Die CSU, die im vergangenen Jahr noch Gedanken von schwarz-grünen Bündnissen nachhing, hat Schluss gemacht mit jener "CSU-light", mit der Seehofer zu Beginn seiner Regierungszeit liebäugelte. Seehofer bedient mit Sprüchen gegen Immigranten wieder den Stammtisch. Doch der sehnt sich nach Veredelung durch den Baron. Ganz schön schwierig für den Parteichef.

© SZ vom 14.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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