Diakonie:Mehr Einsatz gegen Obdachlosigkeit gefordert

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Die verstärkte Zuwanderung von Flüchtlingen wird nach Einschätzung von Wirtschaftsforschern den Druck auf den Wohnungsmarkt deutlich erhöhen. Das private Forschungsinstitut Empirica rechnet in den kommenden fünf bis zehn Jahren wegen der hohen Zahl an Zuwanderern mit einem jährlichen Zusatzbedarf von rund 75 000 Apartments. Zusammen mit den 286 000 ohnedies benötigten Wohnungen sei pro Jahr der Bau von bundesweit rund 360 000 Wohneinheiten erforderlich, erläuterte der Wohnungsexperte Reiner Braun am Mittwoch bei einer Fachtagung des Diakonischen Werks Bayern in Nürnberg.

Die Diakonie appellierte erneut an die Staatsregierung, der wachsenden Wohnungsnot im Freistaat entschiedener entgegenzutreten. Es sei "bei Weitem nicht ausreichend", dass das Land bis 2019 rund 28 000 neue staatliche beziehungsweise staatlich geförderte Mietwohnungen ermöglichen will, wie dies Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angekündigt hatte. Ein weiterer Anstieg der Wohnungslosigkeit sei folgerichtig zu befürchten, hieß es am Rande der Fachtagung in Nürnberg. Bereits jetzt seien mehr als 15 000 Menschen in Bayern obdachlos. Zu mehr als der Hälfte seien davon alleinstehende Männer betroffen, Obdachlosigkeit bedrohe indes auch Familien mit Kindern. Und was die Lage erschwere: Ein Dach über dem Kopf bedeute noch lange keine Sicherheit. "Frauen sind durch die schwierigen Umstände in den Obdachlosenunterkünften besonders gefährdet", hieß es.

Auch seien die Verweildauern in den Unterkünften "erschreckend hoch". Fast 38 Prozent der kommunal untergebrachten Menschen lebten länger als zwei Jahre in einer Obdachlosenunterkunft. Die Folgen sei eine "dauerhafte Verfestigung von Armut". Aus Sicht der Diakonie reicht es nicht aus, deutlich mehr Mittel als bislang in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Vielmehr gelte es auch, mehr Menschen vor drohender Obdachlosigkeit zu bewahren. Dazu aber brauche es eine fundierte Beratungs- und Unterstützungsarbeit, wie sie etwa die "Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit" anbieten. Eine neue Studie hat ergeben, dass "in knapp 70 Prozent aller untersuchten Fälle Wohnungslosigkeit - etwa aufgrund von Mietschulden - verhindert werden" konnte.

© SZ vom 10.03.2016 / dm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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