CSU in Andechs:Anstänkern gegen Brüssel

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CSU-Chef Horst Seehofer in Kloster Andechs: Zwei Tage lang hat die Partei ihr Programm für die Europawahl diskutiert. (Foto: dpa)

Luftig in der Aufmachung, giftig im Ton: In Kloster Andechs beschließt die CSU ihr Programm für die Europawahl. In der CDU ist man von dem 15-seitigen Papier gar nicht begeistert.

Von Mike Szymanski, Andechs

Eigentlich ist ja "Singen und Lärmen" auf dem heiligen Berg verboten. Wer jedenfalls das Kloster Andechs erreicht hat, bekommt mitgeteilt, wie er sich zu verhalten hat. Die CSU und ihr Vorsitzender Horst Seehofer halten sich in der Regel nicht daran. "Die kleinen Sünden, die wir haben, die beichten wir nicht", sagt der Parteichef über seine CSU. Und Lärm gemacht haben seine Parteikollegen über dieses Wochenende mal wieder nach Kräften.

Der Vorstand hat in Andechs das umstrittene Wahlprogramm für die Europawahl beschlossen. "Europaplan" heißt das Dokument, eine Kritikschrift auf 15 Seiten. Luftig allenfalls in der Aufmachung, im Ton eher giftig, wenn die Christsozialen etwa einen "Zuständigkeitsstopp für die EU" verlangen, weil ihnen die angebliche Regelungswut in Brüssel auf die Nerven geht. Zu Beginn der Klausur am Freitag hatte Seehofer gesagt, das Papier könnte noch schärfer ausfallen. Das gilt dann aber nur für die Wortmeldungen, dafür ist übers Wochenende Scharfmacher und Parteivize Peter Gauweiler zuständig. Der meint, in Brüssel regiere ein "Zentralkomitee". Ihm jedenfalls gefällt, dass sich die CSU deutlich im Programm von der Schwesterpartei CDU unterscheidbar gemacht habe. Dort spricht man von Populismus und Stimmungsmache. Gauweiler sagt: "Die Wahl wird zeigen, wer mehr Recht hat."

Die Vorstandsklausur in Andechs zeigt jedenfalls, wie die CSU mit Problemen oder dem, was sie dafür hält, umgeht. Zum Jahreswechsel hatte sie ihre Anhänger mit der Parole "Wer betrügt, der fliegt" schon mal warm gemacht für die Europawahl. Es ging um den angeblich zu befürchtenden massenhaften Sozialbetrug durch Rumänen und Bulgaren. Auch wenn es in einzelnen Städten Schwierigkeiten gibt, flächendeckend ist das kein Problem. In Bayern fast gar nicht. Seehofer stört das wenig: "Uns kümmern die Probleme in NRW auch", sagt er in Andechs. Den Hinweis, dass Rechtsradikale und die Alternative für Deutschland mit ähnlicher Wortwahl wie die CSU ihren Wahlkampf führen - die Plakate sind auf dem Weg zum heiligen Berg nicht zu übersehen - findet Generalsekretär Andreas Scheuer "schäbig". Seehofer sagt: "Wir haben mit diesen rechten Brüdern nichts am Hut."

Weniger entschlossen zeigt sich die CSU bei anderen Themen. Zwar steht die Ukraine nach Meinung von Markus Ferber, dem Spitzenkandidaten für die Europawahl, "unmittelbar vor einem blutigen Bürgerkrieg". Was aber Wirtschaftssanktionen gegen Russland angeht, um eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern, kann sich die CSU kaum zu einer klaren Position durchringen. Zwar sagt Seehofer der Kanzlerin die Unterstützung der CSU zu, falls Sanktionen notwendig würden. Auf den Klostergassen hören sich Seehofers Parteikollegen aber ganz anders an. "Zum jetzigen Zeitpunkt nicht der richtige Weg", sagt Ferber. Und der frühere bayerische Ministerpräsident und Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber erklärt: "Ich persönlich glaube, dass die Sanktionen mittelbar keine Lösungen erbringen werden. Sie werden der Wirtschaft Russlands aber auch uns schaden." Auf die CSU ist dann doch irgendwie immer Verlass.

© SZ vom 28.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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