CSU: Energiepolitik:Befremden über Seehofers Energiewende

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Beim Atomausstieg legt CSU-Chef Seehofer plötzlich großen Eifer an den Tag. Das kommt nicht bei allen in der Partei gut an. Der CSU-Wirtschaftsflügel warnt vor Aktionismus.

M. Szymanski

CSU-Chef Horst Seehofer bringt mit seinem plötzlichen Eifer beim Atomausstieg den Wirtschaftsflügel seiner Partei und die Unternehmerschaft gegen sich auf. Am Wochenende hatte Seehofer angekündigt, dass es bei der Energiewende kein Zurück mehr gebe.

CSU-Chef Horst Seehofer bringt mit seiner Energiepolitik Teile seiner Partei gegen sich auf. (Foto: dpa)

Hans Michelbach, Vorsitzender der CSU-Arbeitsgemeinschaft Mittelstandsunion und Bundestagsabgeordneter, warnte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: "Man darf nicht den Eindruck erwecken, es gehe um politischen Aktionismus." Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, bezweifelt, dass Seehofer wie angekündigt noch in diesem Jahrzehnt die Energiewende in Bayern schaffen kann.

Das Klima zwischen Seehofer und der Wirtschaft wird rauer. Unmittelbar nach der Niederlage für Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg hatte Seehofer die Atomschwenk-Kritiker in seiner Partei öffentlich abgekanzelt, Wirtschaftspolitiker Michelbach hatte er "schädliches Verhalten" vorgehalten, weil er von "Schaukelpolitik" in Berlin gesprochen hatte.

Das will die Mittelstandsunion so nicht hinnehmen. Am Freitag sprach sich der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft mit mehr als 4000 Mitglieder für ein klärendes Gespräch aus. "Mir geht es nicht um Quertreiberei. Es ist meine Aufgabe, die Stimmung im Mittelstand anzusprechen", sagte Michelbach. Und die sei schlecht. "Die Verunsicherung ist mit den Händen zu greifen", beschreibt sie Michelbach.

Auch in der Wirtschaft wolle man in der Atompolitik nicht zu den alten Positionen zurück. Seehofer allerdings überfordere seine Partei mit dem Tempo, das er beim Atomausstieg an den Tag lege. "Die Leute kommen nicht mehr mit", sagte Michelbach. Er beklagte, dass der Partei ein glaubwürdiges Gesamtkonzept dafür fehle, wie die Energieversorgung zu bezahlbaren Strompreisen sichergestellt werden könne, wenn die Meiler vom Netz gehen. "Unsere Unternehmer haben große Sorge, dass sie nicht wettbewerbsfähig bleiben", sagte Michelbach. "Wir dürfen jetzt keine Schnellschüsse machen."

Kritik übte Michelbach auch am Kurs Seehofers, alle Kräfte in der Partei darauf zu konzentrieren, ein ökologisches Profil zu entwickeln. "Die CSU wird ökologisch", hatte Seehofer vergangene Woche angekündigt. Für Michelbach greift die Analyse zu kurz. Aus seiner Sicht habe die Partei es versäumt, in der Wirtschaftspolitik Akzente zu setzen. Versprechen von Schwarz-Gelb wie jenes, dass die Bürger mehr Netto vom Brutto haben würden, seien nicht eingelöst worden. Erfolge vermisst er auch bei der Entbürokratisierung, der Steuervereinfachung sowie in der europäischen Finanzpolitik. All dies habe ebenso zu den Wahlniederlagen beigetragen.

Seehofer erklärte am Wochenende, er sei fest entschlossen, die Energiewende so rasch wie möglich zu vollziehen. Der Welt am Sonntag sagte er: "Es gibt auch in meiner Partei einige Leute, die jetzt nach der Wahl gerne wieder alles rückgängig machen würden." Das sei mit ihm aber nicht möglich. Wirtschaftspolitiker sähen die Kernkraft zuerst unter ökonomischen Gesichtspunkten. "Aber es wäre ein nicht wieder gut zu machender Fehler, wenn die Union den Bereich der Ökologie, wozu auch die Energieversorgung zählt, jetzt nicht stärker vorantreiben würde", sagte er.

Umweltminister Markus Söder will es im Rennen um den schnellsten Atomausstieg mit den Grünen aufnehmen. "In Bayern betrachten wir das jetzt als Wettbewerb mit dem grün-roten Baden-Württemberg", sagte Söder. "Wir werden sehen, welches der beiden Länder schneller den Umstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien schaffen kann." Seehofer will das Ziel möglichst in diesem Jahrzehnt erreichen.

Bertram Brossardt von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft glaubt nicht, dass dieses Ziel zu erreichen ist. Der SZ sagte er: "Nach unseren Untersuchungen ist das nicht realistisch." Er warnte die Bundesregierung: "Die Hastigkeit verunsichert die Wirtschaft."

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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