Brauchtum:Trachtlerchef ertappt Maibaumdiebe und verdrischt sie mit Schneeschaufel

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Maibaum mit Münchner Kindl in München. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Fall aus Rimbach im Landkreis Cham wirft die Frage auf: Was ist eigentlich noch Brauchtum und wo fängt eine Straftat an?

Kolumne von Andreas Glas

Apropos Leitkultur. Um noch mal die Worte des Bundesinnenministers zu bemühen: Auch im Maibaumland Bayern ist leitkulturell "einiges ins Rutschen geraten". Frei nach Thomas de Maizière muss man feststellen: Der Maibaum ist nicht mehr Kitt, sondern Keil der Gesellschaft. Zum Beispiel in Rimbach im Landkreis Cham. Dort hatte der Vorsitzende des Trachtenvereins den Maibaum auf seinem Grundstück angekettet, um ihn gegen Diebe zu schützen.

Kein Hindernis, dachten sich 14 Maibaumdiebe aus dem Chamer Land, wozu wurde der Bolzenschneider erfunden. Der Trachtlerchef ertappte die Diebesbande und drosch laut Lokalzeitung mit einer Schneeschaufel auf zwei der Diebe ein, um den Baumklau zu verhindern. Half aber nichts.

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Nachdem die Bande samt Maibaum abgehauen war, rief der Trachtlerchef die Polizei - und stieß damit eine maibaumpolitische Leitkulturdebatte an, die dringend geführt werden muss. Es geht um die Frage: Wo hört Brauchtum auf und wo fängt eine Straftat an? Es ist ja nicht das erste Mal, dass es Ärger gibt rund um die ungeschriebenen Gesetze des Maibaumklauens. Immer öfter etwa werden die Bäume schon im Wald gestohlen. Ein Tabubruch, sagen die Fundis unter den Maibaumtraditionalisten. Sie betonen, dass nur innerhalb beschilderter Ortsgrenzen geklaut werden darf. In Rimbach nun hat der Werteverfall einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Denn, so geht die Version des Trachtlerchefs: Die Diebe haben den Baum geklaut, obwohl er seine Hand drauf gelegt hatte - laut Ehrenkodex gilt ein Maibaum so als "gesichert" und unklaubar. Die Diebe dagegen behaupten, dass der Trachtlerchef seine Hand an der Schneeschaufel hatte, aber nicht am Baum. Der Trachtlerchef will jetzt offenbar einen Anwalt einschalten und auf Schadenersatz klagen.

Die Diebe wiederum sollen dem Trachtlerchef gedroht haben, ihn für Arztkosten infolge der Schneeschaufelhiebe haftbar zu machen. Kein Wunder also, dass die Verhandlungen über die Ablöse für den Maibaum scheiterten und in Rimbach am Ende nur ein dürrer, unbemalter Ersatzbaum aufgestellt wurde. Dass es sich um einen Maibaum handelt, ist eigentlich nur noch am Kranz zu erkennen. Er hängt auf Halbmast.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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