Bildung:Zweifel am Diplom

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Betroffene fordern Aufwertung der aktuellen Uni-Abschlüsse

Der Vorstoß der Freien Wähler, den Diplom-Ingenieur für technische Studiengänge, aber auch für Psychologen oder Betriebswirte an bayerischen Hochschulen wieder einzuführen, löst bei den Betroffenen Skepsis aus. Besonders mögliche Unruhe im System schreckt ab. Zurück will niemand, darin sind sich Hochschulpolitiker, Universitäten und Wirtschaft einig. Michael Piazolo, FW-Hochschulexperte und Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses im Landtag, sieht in der Rückkehr des modularisierten Diploms eher eine neue Möglichkeit für Studenten, denen der Bachelor zu wenig und der Master zu theoretisch ist oder zu lange dauert. Im Diplom könnten bei neun Semestern zwei Praxisphasen vorgeschrieben sein. Eine aktuelle Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hatte kürzlich ergeben, dass nur 47 Prozent der befragten Unternehmen mit ihren Bachelor-Absolventen zufrieden seien.

Im Bayerischen Industrie- und Handelskammertag sieht man einen zusätzlichen Abschluss eher kritisch: "Es ist nicht entscheidend, ob der Abschluss Diplom oder Master heißt, die Qualität der Ausbildung ist wichtig", sagte Hubert Schöffmann, bildungspolitischer Sprecher. Der Bachelor mache Probleme, Beschwerden über Master-Absolventen mit zu wenig Praxis-Kenntnissen habe er bisher nicht gehört. Die aktuellen Abschlüsse müssten gestärkt werden, statt die Marke Diplom-Ingenieur wiederzubeleben. Ein weiteres Examen könnte die Verwirrung in den Personalabteilungen verstärken, fürchtete Schöffmann. Wichtiger sei, dass auch an staatlichen Unis berufsbegleitende Master studiert werden können. Bisher bieten das vor allem private Hochschulen an.

Die Grünen sehen die Staatsregierung in der Pflicht. "Es besteht immer noch eine eklatante Unterversorgung an Masterstudienplätzen", sagte Verena Osgyan. Derzeit gibt es 837 Masterstudiengänge in Bayern. Im Wintersemester 2012 strebten nur 11,1 Prozent aller bayerischen Studenten diesen Abschluss an. Die Einführung des Diploms sieht Osgyan als "rückwärtsgewandt", eher sollte der Master aufgewertet werden. Isabell Zacharias (SPD) befürchtet Chaos an den Unis: Statt einer weiteren Strukturreform müsse der Bologna-Prozess verbessert werden. Ziele wie Internationalisierung oder Vergleichbarkeit seien richtig, aber noch nicht umgesetzt. Die Marke Diplom könne durch Äquivalenz-Urkunden verliehen werden.

© SZ vom 03.06.2015 / angu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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