Bildung:Die Eltern kämpfen noch

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Die fünf Schulen der Hermann-Schmid-Akademie werden wohl schließen müssen, wenn sich kein anderer Träger findet. Danach sieht es gerade nicht aus. Die Stadt Augsburg gibt dabei kein gutes Bild ab

Von Florian Fuchs und Anna Günther

Augsburg - "Wir wollen nur, dass endlich Ruhe reinkommt und dieses Schuljuwel für Augsburg erhalten bleibt", sagt Michael Krauß. Seit Wochen telefonieren Krauß und sechs andere Mütter und Väter herum, sprechen mit Lokalpolitikern und anderen Schulträgern. Die Mission der Eltern: Die Hermann-Schmid-Akademie (HSA) soll nicht geschlossen werden. Zur privaten Akademie gehören zwei Berufsfachschulen sowie eine Technikerschule, eine Wirtschaftsschule und eine Realschule. Krauß' Kinder besuchen die Realschule, er lobt kleine Klassen, engagierte Lehrer, die Atmosphäre. Die Eltern nennen sich "Taskforce", sie wollen verhindern, dass ihre Kinder nach den Sommerferien auf Schulen in und um Augsburg verteilt werden. Und die Zeit drängt.

200 der 560 Schüler machen im Sommer ihren Abschluss. Die anderen werden verteilt, wenn sich kein neuer Träger findet, der alle fünf Schulen übernimmt. Danach sieht es derzeit nicht aus. Im Mai müssen sich die 180 Realschüler an anderen Schulen anmelden. Ihre Favoriten mussten die Eltern bereits melden, nach den Ferien erfahren sie laut Kultusministerium, wo ihre Kinder einen Platz bekommen. Solange keine andere Lösung in Sicht ist, plant man im Kultusministerium mit der Schließung der HSA.

Dass die Akademie zumacht, hatten die HSA-Geschäftsführer, der Schulgründer und seine Tochter, Anfang März mitgeteilt. Als Grund gaben sie an, dass der Ruf der Akademie durch "ungerechtfertigte Vorwürfe" beschädigt worden sei und dadurch keine Lehrer mehr rekrutiert werden könnten. Gegen den Schulträger wird wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug ermittelt.

Seitdem bemühen sich die Taskforce-Eltern, neue Schulträger zu finden, offenbar mit Erfolg. "Es gibt Interessenten", sagt Krauß, "aber von der HSA-Geschäftführung ist kein ernsthafter Wille da. Wir wollen das Lebenswerk von Herrn Schmid retten, wir wollen helfen, aber die blocken, blocken, blocken." Dass die HSA-Chefs in Verhandlungen wenig Engagement zeigen, ist von mehreren Seiten zu hören. Für eine Stellungnahme waren die Geschäftsführer nicht erreichbar. Die Eltern fordern nun in einem Brief ans Kultusministerium und an die Regierung von Schwaben, dass die HSA-Geschäftsführer abgesetzt und durch einen "behördlich eingesetzten Zwangsverwalter ersetzt" wird. Die Sehnsucht nach einem, der durchgreift, ist mittlerweile groß.

Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hatte sich als Moderator angeboten, mehr kann er nicht tun. Die Schule ist in privater Hand. Die Stadt betont, dass ihre Bemühungen freiwillig seien. Die Eltern hätten sich bewusst für eine private Einrichtung entschieden, was im Gegensatz zum öffentlichen Schulwesen Risiken berge. Allerdings hat die Stadt in der Diskussion über die HSA von Beginn an kein gutes Bild abgegeben. Kurz nachdem bekannt geworden war, dass die Schulen schließen werden, kursierte schon die Idee, ein örtliches Gymnasium in den frei werdenden Räumen unterzubringen. Die Eltern der HSA-Realschulkinder gingen auf die Barrikaden. Viele Gespräche kostete es, um den Schaden halbwegs zu reparieren. Die Politiker sprachen von "Kommunikationsfehlern". Nun soll es erste Priorität sein, die HSA zu erhalten oder von einem anderen Träger weiterführen zu lassen.

Dies allerdings gestaltet sich schwierig, das haben OB und Referenten bereits vor Wochen deutlich gemacht. Selbst wenn sich ein Träger fände, würde dieser die HSA nicht unverändert weiterlaufen lassen und alle Lehrer übernehmen. Einen Weg, die Realschule zu erhalten, zeigte Gribl unter anderem auf Anfrage der Grünen in einem Brief an Stadtrats-Fraktionen auf: Die Realschule könnte als staatliche Schule weiterlaufen, die Stadt müsste das Schulgebäude übernehmen. Nach einiger Zeit könnte diese neue Realschule dann in ein Gebäude im Nordosten Augsburgs ziehen, dort besteht dringender Bedarf für eine weitere Realschule.

Der Ministerialbeauftragte für Realschulen "stehe in Kontakt" mit dem städtischen Bildungsreferat, heißt es aus dem Kultusministerium. Für die Lehrer der HSA wäre das wohl der ungünstigste Weg: Um beim Staat zu arbeiten, müssen sie die Eignungs- und Leistungskriterien erfüllen. Einige sind Quereinsteiger, die kaum Chancen haben, und derzeit gibt es viele junge Realschullehrer mit Bestnoten, die auf Jobs warten.

Der Bau des fünf Jahre alten Schulgebäudes im Stadtteil Kriegshaber hat 20 Millionen Euro gekostet. Augsburg ist ohnehin finanzschwach, die Auswirkungen der Corona-Krise werden den Spielraum deutlich einengen. Ob die Stadt also das Schulgebäude kaufen und so verhindern kann, dass 180 Schüler verteilt werden müssen, ist ungewiss. Allerdings wunderte sich Peter Kosak, Chef des Schulwerks der Diözese Augsburg, wieso sich weder Stadt noch HSA meldeten. "Wir wollten uns eigentlich nicht in die Sache einmischen", sagt Kosak. Aber als größter privater Träger der Region sei er "gesprächsbereit". Das Schulwerk betreibt 42 Schulen in Schwaben, davon 20 Realschulen - drei in Augsburg. Letzte Woche habe die Stadt angefragt, in den nächsten Tagen soll es ein erstes Treffen geben. Ein anderer Schulträger aus der Region wäre die Augsburger Lehmbaugruppe. Von der Techniker Schule, sagt Geschäftsführer Raphael Brandmiller, würden einige Schüler wechseln. Auch an einer Übernahme der Realschule bekundet Brandmiller Interesse, eine Übernahme des Gebäudes kommt für ihn nicht in Frage.

© SZ vom 01.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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