Bilanz:"Horrende Zahlen"

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Staatsregierung besorgt über Ergebnis der G-7-Grenzkontrollen

Von H. Effern, D. Mittler und D. Kuhr, München

Die bayerische Staatsregierung zeigt sich besorgt wegen der unerwartet hohen Trefferquote bei den Grenzkontrollen während des G-7-Gipfels. "Das ist aus meiner Sicht schon ein sehr ernstes Sicherheitsproblem", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer Kabinettssitzung. Er werde dies bei der nächsten Innenministerkonferenz ansprechen. Insbesondere die hohe Zahl von aufgegriffenen Menschen ohne Aufenthaltsrecht sei "ein Indiz dafür, dass Tausende die Schengen-Außengrenzen überschreiten können, ohne dass sie kontrolliert werden", sagte Herrmann. Offenbar funktioniere da etwas nicht. "Und das muss man jetzt sorgfältig analysieren."

Mit dem Schengen-Abkommen wurden die Kontrollen an den Binnengrenzen der Mitgliedstaaten abgeschafft. Es gibt aber Möglichkeiten, diese vorübergehend wieder einzuführen. So wurde es während des G-7-Gipfels gehandhabt. Die Bundespolizei hatte am Montag mitgeteilt, dass im Zuge der Grenzkontrollen in Bayern 150 Straftaten aufgedeckt und etwa 60 Haftbefehle vollstreckt worden seien. Das zeige, dass Grenzkontrollen auch über einen kurzfristigen Anlass wie den G-7-Gipfel hinaus für mehr Sicherheit sorgen könnten, argumentierte der Leiter der Bundespolizeidirektion München, Hubert Steiger. Insgesamt stellten die Beamten 8600 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz fest, rund 430 Personen verweigerten sie die Einreise. In den vergangenen zwei Wochen wurden in Bayern etwa 105 000 Menschen überprüft.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)

sagte, angesichts der "horrenden Zahlen" lohne es sich, über das Thema nachzudenken. Er könne aber noch nicht sagen, was am Ende dabei herauskomme. Die Zahlen müssten nun gründlich bewertet werden. "Dann überlegen wir gemeinsam, welche Forderungen und Bitten wir in Berlin einbringen sollten." Das sei nichts, was man im Schnellschuss machen könne. "Wir wollen da nichts inszenieren, wir sind für Substanz." Innenminister Herrmann kündigte aber an, in jedem Fall die Schleierfahndung wieder zu verstärken. Diese Form der Fahndung ermöglicht Bayern, in einem Bereich von 30 Kilometern entlang der Grenze verdachtsunabhängig Personen zu kontrollieren. Den G-7-Gipfel bewerteten Seehofer und Herrmann insgesamt als großen Erfolg. "Jeder Euro, den wir hier aufgebracht haben, ist gut angelegt", sagte der Ministerpräsident. Staatskanzleichef Marcel Huber betonte, es gebe "keine Hinweise, dass die geschätzten Kosten von 132,1 Millionen Euro aus dem Ruder laufen". Auch Robert Heimberger, Einsatzleiter der bayerischen Polizei für den G-7-Gipfel, zeigte sich am Dienstag äußerst zufrieden. "Unser Sicherheitskonzept hat sich hervorragend bewährt." Insgesamt seien 18 278 Polizisten aus den Ländern und vom Bund im Einsatz gewesen. Keiner zu viel, merkte Heimberger an. Die Planung hatte eine maximale Zahl von etwa 24 000 vorgesehen. Sie nahmen vom 28. Mai bis zum 7. Juni 41 Personen fest und sieben weitere in vorbeugenden Gewahrsam. 105 Mal sei die Identität von Demonstranten überprüft worden. Daneben seien weit mehr als 1000 Personen kontrolliert worden. Doch die schärfste Waffe sei beim "Gipfel der Freundlichkeiten" eine andere gewesen: Die Polizisten hätten gewaltbereite Demonstranten "mit ihrer Freundlichkeit zermürbt", sagte Heimberger.

Bayerns Hilfsorganisationen - darunter etwa die Johanniter, das Technische Hilfswerk oder die Bergwacht - ziehen nach dem G-7-Gipfel ebenfalls eine positive Bilanz. "Unsere Planungen sind aufgegangen. Wir waren auf alle Situationen vorbereitet", sagte Leonhard Stärk, der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes. Die mehr als 1500 Helfer hätten auch unter widrigen Situationen Höchstleistungen gebracht - etwa während der Hitzetage oder den darauffolgenden Gewitterstürmen. Dass die Einsatzkräfte nur rund 360 Mal Hilfe leisten mussten, sei "zu einem gewissen Teil auch den Gipfelgegnern zu verdanken, die von Gewaltaktionen weitgehend abgesehen haben", betonte Stärk. Aber auch die Polizeikräfte hätten besonnen gehandelt. Ein Großteil der Hilfs- und Rettungsdiensteinsätze erfolgte wegen kleinerer Verletzungen oder aufgrund von hitzebedingter Kreislaufproblemen.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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