Kommunalpolitik in Bayern:Frauenfreie Zone

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Bayerns Rathäuser regieren die Herren: Eine Studie zeigt, dass zwar immer mehr Frauen in die Politik gehen, in die Spitzenämter schaffen sie es aber nicht. Schlusslicht ist Regensburg.

Viktoria Großmann

Es gibt immer mehr Frauen in der Politik, aber in die Spitzenämter schaffen sie es nicht. Nach den Kommunalwahlen 2008 ging die Zahl der Frauen auf politischen Posten sogar noch zurück. "Je wichtiger Ämter in der Kommunalpolitik werden, desto stärker sind Frauen unterrepräsentiert", hat die Fernuniversität Hagen in einer Studie herausgefunden. Deutschlandweit steht Frankfurt am Main mit einer Oberbürgermeisterin, einem hohen Anteil weiblicher Dezernentinnen und Frauen als Ausschussvorsitzenden auf Platz eins des "Genderrankings deutscher Großstädte".

Er ist der Herr im Regensburger Rathaus: OB Hans Schaidinger (CSU). Mit nur 32 Prozent Stadträtinnen ist Regensburg Schlusslicht im bayernweiten Vergleich. (Foto: ag.dpa)

Deutlich weniger Frauen bestimmen in den Städten Würzburg und Ingolstadt die Politik, die weit hinten liegen. Schlusslicht in Bayern ist trotz einer Verbesserung gegenüber 2008 die Stadt Regensburg auf Platz 67 von 79 gewerteten Städten bundesweit. Ingolstadt, das bei der Kommunalwahl seine Dritte Bürgermeisterin verlor, ist auf der Indexwertung der Studie um 26 Plätze auf Platz 66 zurückgefallen; Würzburg um 21 Plätze auf 44.

Mit fast den gleichen Werten wie Frankfurt schaffte es die Landeshauptstadt München immerhin auf Platz vier, wie Christian Ude auf der Feier zum 20. Jubiläum der Gleichstellungsbeauftragten in München stolz vermerkte. Spitzenreiter könnte die bayerische Landeshauptstadt allerdings nur werden, wenn sich Ude durch eine Frau ersetzen ließe - so viel Selbstlosigkeit ist nicht von ihm zu erwarten.

Gudrun Grieser aus Schweinfurt wurde im Jahr 1992 zur ersten Oberbürgermeisterin Bayerns gewählt. Es sei schwierig gewesen, Führungsämter in der Verwaltung mit Frauen zu besetzen, sagt die Oberbürgermeisterin a. D. "Wenn die Frauen im richtigen Alter sind, um eine Führungsposition zu übernehmen, sind sie auch im richtigen Alter, um eine Familie zu gründen."

Von der Teilzeit-Führungskraft, die manche Gleichstellungsbeauftragte propagieren, hält die CSU-Politikerin nichts. "In einem Amt mit hoher Außenwirkung müssen oft schnell Entscheidungen getroffen werden. Dort muss man mit einer Stimme sprechen", sagt Grieser. Geteilte Führungsposten führten da nur zu Verwirrung. Die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten hat Grieser in ihrer 18-jährigen Amtszeit "nicht essentiell" gefunden. Sie habe stets selber die Augen offen gehalten, um Frauen zu fördern.

Das scheint der Dreh- und Angelpunkt zu sein: Weibliche Chefs ziehen andere Frauen auf Führungsposten nach. Allerdings habe sie immer die professionelle Eignung in den Vordergrund gestellt, sagt Grieser. Eine Frauenförderung um jeden Preis hätten die Frauen gar nicht nötig. Auch die Quote in der Politik sei aus ihrer Erfahrung als Oberbürgermeisterin nicht notwendig: In Schweinfurt habe die CSU ohne Quote den höchsten Frauenanteil (derzeit sind von 18 Fraktionsmitgliedern sieben Frauen), die SPD mit Quotenregelung aber die niedrigste, so Grieser. Trotzdem vermisse sie Frauen in Spitzenpositionen, sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft. ,,Das ist einfach lebensnäher'', sagt die CSU-Frau. Genauso wie Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachten, sollte auch ihre Denk- und Arbeitsweise sowie ihre Tonart das öffentliche Leben prägen.

Frauenanteil hängt von der Partei ab

Für die Quote spricht laut der Hagener Studie jedoch einiges: Wie viele Frauen in der Kommunalpolitik tätig sind, sei abhängig von der Partei, heißt es in der Auswertung der Studie, die im Auftrag der grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung entstanden ist. So sei der Frauenanteil in grün-regierten Städten deutlich höher. Als Beispiel nennen die Forscher Stuttgart, das nach dem Wahlerfolg der Grünen in der Wertung an München vorbeizog - von Platz 37 auf Platz zwei.

Nürnberg hat es im Ranking auf Platz 13 geschafft - als zweite bayerische Stadt hinter München - und konnte sich um 16 Plätze verbessern. Dabei hilft ein Frauenanteil von 42,9 Prozent im Stadtrat. Nur 32 Prozent Stadträtinnen haben die Forscher hingegen bei den Bayern-Schlusslichtern Ingolstadt und Regensburg gezählt. Das ist zwar fast doppelt so viel wie im niedersächsischen Salzgitter, aber eben auch deutlich weniger als in Fürth, das bei der Zahl der Stadträtinnen mit 46 Prozent führt. Dass die Stadt Fürth im Ranking trotzdem nur Platz 29 erreicht, liegt daran, dass es hier keine gewählte Ratsleiterin gibt. Würzburg verliert, weil 2008 auf Oberbürgermeisterin Pia Beckmann Georg Rosenthal folgte. Zudem haben die Hagener Forscher in Würzburg und Ingolstadt im Vergleich zu 2008 weniger weibliche Vorsitzende in Ausschüssen gezählt, was die schlechte Platzierung erklären soll.

© SZ vom 30.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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