BayernLB:"Wir sind beschissen worden"

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Es droht Gefängnis: Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser und andere CSU-Politiker belasten einen früheren Vorstand der BayernLB schwer.

Klaus Ott

Sie kamen als Zeugen, und sie gingen als Zeugen. Vier prominente CSU-Politiker, die wegen der Milliardenverluste von Bayerns Landesbank in die Kritik geraten sind, haben von der Münchner Staatsanwaltschaft weiterhin nichts zu befürchten. Die ehemaligen Finanzminister Kurt Faltlhauser und Erwin Huber, der frühere Regierungschef Günther Beckstein und der heutige Landtagsfraktionschef Georg Schmid haben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im Verlauf des Frühjahrs bei der Strafverfolgungsbehörde ausgesagt, was sie über den vor drei Jahren erfolgten Kauf der österreichischen Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die BayernLB wissen. Alle vier hatten damals dem Verwaltungsrat angehört, dem Kontrollorgan der Landesbank. Die CSU-Größen bekamen bei ihren Zeugenvernehmungen keinen Ärger mit den Staatsanwälten; gegen sie wird nicht ermittelt. Faltlhauser, Huber, Beckstein und Schmid wollten sich auf Anfrage der SZ nicht zu ihren Zeugenvernehmungen äußern.

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Einst waren sie unangefochten. Heute drohen vielen von ihnen Gefängnis, Geldstrafen, Schadensersatzzahlungen. Wer hat was zu befürchten?

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Der frühere Landesbank-Chef Werner Schmidt dagegen, auf den es die Strafverfolger besonders abgesehen haben, sitzt nach den Aussagen der CSU-Politiker mehr denn je in der Patsche und eines Tages vielleicht sogar im Gefängnis. Er wurde bei den Vernehmungen schwer belastet. Die Vier erklärten, der von Schmidt angeführte Vorstand habe dem Verwaltungsrat vor dem Kauf der Hypo Alpe Adria im Mai 2007 wesentliche Informationen vorenthalten. Einer der vier CSU-Politiker äußerte sinngemäß sogar: "Wir sind betrogen worden."

Der Kernvorwurf: Schmidt habe den Verwaltungsräten verschwiegen, dass er bereits Ende August 2006 mit dem Finanzmakler Tilo Berlin über die HGAA gesprochen habe. Die Kontrolleure hätten von den frühzeitigen Kontakten zwischen Schmidt und Berlin, zwei alten Bekannten, nichts gewusst. Berlin war zusammen mit Investoren erst Ende 2006 bei der Hypo Alpe Adria eingestiegen. Durch den raschen Weiterverkauf ihrer HGAA-Anteile im Mai 2007 an die Landesbank verdienten sie deutlich mehr als 100 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, Schmidt und Berlin hätten sich abgesprochen. Dadurch sei Vermögen der Landesbank veruntreut worden. Die Strafverfolger ermitteln gegen Schmidt wegen Untreue und gegen Berlin wegen Beihilfe hierzu. Beide weisen diesen Verdacht zurück.

Die vier CSU-Politiker erhoben bei ihren Zeugenvernehmungen weitere schwere Vorwürfe gegen Schmidt und die damalige Bankspitze. Der Vorstand habe "dilettantisch verhandelt" und dadurch die HGAA weit teurer gekauft als notwendig, sagte einer aus dem Quartett den Staatsanwälten. Außerdem habe der Bankvorstand dem Verwaltungsrat damals einen kritischen Prüfbericht über die Hypo Alpe Adria vorenthalten. Die BayernLB hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young damit beauftragt, die HGAA zu durchleuchten.

Soeben handelseinig geworden: Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (Dritter von rechts) im Mai 2007, nachdem er die Hypo Alpe Adria an die BayernLB verkauft hat. Deren Repräsentanten feierten den Deal damals auch noch: Bayerns Sparkassenpräsident Siegfried Naser, Finanzminister Kurt Faltlhauser und Bankchef Werner Schmidt (von links). (Foto: dpa)

Wenige Tage vor Abschluss des Kaufvertrags am 22. Mai 2007 legte Ernst & Young einen Bericht vor, in dem auf eine Vielzahl von Risiken bei der Hypo Alpe Adria hingewiesen wurde. Von diesem Report habe man damals nichts gewusst, sondern erst jetzt durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft davon erfahren, beteuerten die CSU-Politiker als Zeugen. Der Bankvorstand hätte den Verwaltungsrat über den Bericht und die darin enthaltenen Warnungen informieren müssen, sagten mehrere der vier CSU-Politiker aus. Stattdessen sei dem Verwaltungsrat mitgeteilt worden, es sei alles in Ordnung. "Woher sollten wir denn wissen, dass wir beschissen werden?", sagt einer der seinerzeitigen Verwaltungsräte.

Aus dem Schneider sind Faltlhauser, Huber, Beckstein und Schmid aber noch nicht. Die Staatsanwaltschaft hat zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass sie und die anderen damaligen Verwaltungsräte bei der Übernahme der HGAA vorsätzlich zu hohe Risiken in Kauf genommen und so die BayernLB geschädigt hätten. Der Landtag und Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) lassen aber prüfen, ob die seinerzeitigen Verwaltungsräte die BayernLB nicht streng genug kontrolliert und so ihre Aufsichtspflicht fahrlässig verletzt haben. Wäre das der Fall, müssten Faltlhauser und die anderen symbolisch Schadensersatz zahlen.

© SZ vom 31.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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