BayernLB:CSU-Prominenz in Bedrängnis

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Gutachter belasten den früheren Aufsichtsrat der BayernLB: Huber, Beckstein, Schmid und Faltlhauser drohen Schadenersatzklagen.

Klaus Ott

Die CSU-Prominenz, die in das Milliardendesaster der Landesbank verwickelt ist, bekommt noch eine Schonfrist. Im Untersuchungsausschuss des Landtags, der das Debakel aufklären soll, müssen die Ex-Minister Erwin Huber, Kurt Faltlhauser, Günther Beckstein sowie Fraktionschef Georg Schmid erst im Herbst aussagen. Den CSU-Politikern hilft das aber nicht viel. Sie geraten schon jetzt, da die Vernehmungen beginnen, mächtig in Bedrängnis.

BayernLB: Spitzenpolitiker der CSU in Bedrängnis. (Foto: Reuters)

Unter den ersten Zeugen sind zwei Wirtschaftsprofessoren, die für den Untersuchungsausschuss Gutachten über die Pflichten des Verwaltungsrats von Bayerns Landesbank angefertigt haben. Der Verwaltungsrat beaufsichtigt die Staatsbank. Ihm gehörten die vier CSU-Politiker an, als die BayernLB vor drei Jahren die Kärntner Hypo Alpe Adria kaufte, was sich als schwerer Fehler erwies.

Die Gutachten könnten der CSU-Prominenz und dem alten Bank-Management leicht zum Verhängnis werden. Der Augsburger Professor Reiner Schmidt und sein Bonner Kollege Marcus Lutter betonen, der Verwaltungsrat dürfe sich nicht auf das verlassen, was ihm der Bankvorstand vorlege. Erfüllten die Kontrolleure ihre Aufgaben nicht, dann könnten sie belangt werden.

Insbesondere die öffentlich noch nicht bekannte Expertise von Lutter erweist sich als schwere Hypothek für Huber, Faltlhauser, Beckstein und Schmid. Der Bonner Professor gelangt zu dem Ergebnis, wenn Vorstand und Verwaltungsrat ihre Amtspflichten verletzten, hafteten sie für den "vollen, der Bank entstandenen Schaden". Und der beträgt im Falle der Hypo Alpe Adria 3,7 Milliarden Euro.

Erkenntnisse der Münchner Staatsanwaltschaft und ihrer Kollegen in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt, die in der Causa ermitteln, aufschlussreiche Dokumente der Landesbank und der Hypo Alpe Adria sowie die beiden Gutachten liefern zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass am Ende wohl keiner der Verantwortlichen für das fehlgeschlagene Milliardengeschäft heil aus der Sache herauskommt.

Enorme Risiken in Kauf genommen

Der damalige BayernLB-Vorstand hat bei der Übernahme der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) enorme Risiken in Kauf genommen, und er hat dem Verwaltungsrat wesentliche Informationen über die österreichische Finanzgruppe vorenthalten. Die Kontrolleure einschließlich Huber&Co. haben ihrerseits nicht konsequent nachgehakt. Und das Land Kärnten als einer der Verkäufer der Hypo Alpe Adria sowie die HGAA selbst stehen unter dem Verdacht, nicht alle Risiken offengelegt zu haben. Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft geht vielen Hinweisen auf kriminelle Geschäfte in der Kärntner Bank vor dem Verkauf an die BayernLB nach.

Der Bonner Professor Lutter schreibt, ein Bank-Vorstand müsse den Kauf eines anderen Finanzinstituts unter vielerlei Aspekten sorgfältig und gewissenhaft prüfen und seinen Kontrolleuren "offen, getreulich und zeitgerecht" berichten. Der Vorstand könne sich nicht auf ein "Mitverschulden des Verwaltungsrats etwa durch mangelnde Überwachung" berufen.

Umgekehrt müsse das Aufsichtsgremium "von seinem Informationsrecht aktiv Gebrauch machen" und notfalls vom Vorstand zusätzliche Berichte anfordern. Das ist den Verwaltungsrats-Protokollen zufolge aber ausgerechnet in der entscheidenden Phase vor dem Kauf der Hypo Alpe Adria nicht geschehen.

Faltlhauser, Huber, Beckstein und Schmid haben als Zeugen bei der Münchner Staatsanwaltschaft ausgesagt, sie seien vom Bank-Vorstand betrogen worden, weil der vieles verschwiegen habe. Das belastet das damalige Management schwer - es hilft aber den CSU-Politikern nicht aus der Patsche. Denn die hätten, legt man die beiden Gutachten zugrunde, eben nachhaken müssen.

Schlechte Aussichten für die CSU-Prominenz

Huber, Beckstein und Schmid können sich auch nicht darauf hinausreden, dass sie im Gegensatz zu Faltlhauser viele Sitzungen geschwänzt haben und stattdessen Ministerialbeamte schickten. Das Entsenden von Vertretern befreie die Verwaltungsräte nicht von ihrer "Überwachungsverantwortung", schreibt der Augsburger Professor Schmidt.

Es sieht also schlecht aus für die CSU-Prominenz. Und das auch deshalb, weil die BayernLB als Staatsbank mit öffentlichem Auftrag "risikobewusster als jede Geschäftsbank" agieren müsse, wie Schmidt schreibt. Es sei ein grundsätzlicher Unterschied, wer durch Missmanagement geschädigt werde - ob das die Anteilseigener einer Privatbank treffe oder die öffentliche Hand und damit die Steuerzahler. Gutachter Lutter hält angesichts des öffentlichen Zwecks der Landesbank den Kauf der Hypo Alpe Adria sogar für "rechtlich unzulässig".

In die Zwickmühle gerät durch das Desaster auch der heutige Finanzminister Georg Fahrenschon. Er müsste etwaige Schadenersatzansprüche gegen seine Vorgänger Huber und Faltlhauser, gegen die anderen damaligen Verwaltungsräte einschließlich Beckstein und Schmid sowie gegen den alten Bank-Vorstand geltend machen. Als Vorsitzender von Verwaltungsrat und Generalversammlung der BayernLB wäre Fahrenschon dazu verpflichtet. Das ergibt sich aus Lutters Gutachten.

Sollte die Regierung von Horst Seehofer tatsächlich in die unangenehme Lage kommen, gegen die prominentesten Weggefährten des Ex-Ministerpräsidenten und CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber vorgehen zu müssen, dann hätte das in Bayern wohl ein politisches Erdbeben zur Folge.

© SZ vom 05.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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