Am Watzmann:Zwei Behörden streiten über den Naturschutz auf einer Alm

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Die Bergausbildungsstätte der Bundespolizei in unmittelbarer Nähe zur Kührointhütte am Watzmann, für die es Ausbaupläne gibt. Dagegen wehrt sich die Nationalparkverwaltung Berchtesgaden entschieden. (Foto: Peter Kneffel/picture-alliance/dpa)

Der Nationalpark Berchtesgaden und die Bundespolizei können sich nicht über den Ausbau eines Stützpunkts auf der Kührointalm einigen. Die Polizei will es zu einem "repräsentativen Trainingszentrum" für die Gebirgsausbildung umgestalten - doch es gibt da ein Verbot.

Von Christian Sebald, Schönau am Königssee

Die Bundespolizei ist hoch geachtet. Auch im Nationalpark Berchtesgaden, wo sie seit Jahrzehnten oben auf der Kührointalm ein Trainingszentrum unterhält. Doch jetzt ist offener Streit zwischen der Bundespolizei und der Nationalparkverwaltung entbrannt. Er geht um eben dieses Trainingszentrum. Die Bundespolizei will es um einen großen Anbau erweitern. Dabei sind Neu-, An- und Erweiterungsbauten im Nationalpark verboten. Denn dort hat der Naturschutz Vorrang. Die Bundespolizei will das nicht akzeptieren und hat eine Befreiung von dem Verbot beantragt. Der Nationalpark wehrt sich offen gegen das Projekt. Nationalpark-Chef Roland Baier spricht von einem "Präzedenzfall". In der offiziellen Stellungnahme der Nationalparkverwaltung heißt es, dass das Trainingszentrum schon jetzt in Widerspruch zur Nationalparkverordnung und den Zielen des Naturschutzes stehe.

So scharfe Worte der Nationalparkverwaltung sind ein Novum. In der Vergangenheit hat sie sich sehr zurückgehalten, wenn es um Bauprojekte in dem Schutzgebiet oder an dessen Grenzen ging. Zum Beispiel bei der neuen Jennerbahn auf den gleichnamigen Berg am Königssee. Zwar haben seinerzeit die Naturschutzverbände, allen voran der Bund Naturschutz, vehement gegen deren Bau protestiert und sind sogar vor Gericht gezogen. Aber von der Nationalparkverwaltung selbst kam kein kritisches Wort. Ähnlich war es bei dem Streit um das neue Salettl am legendären Watzmannhaus. Wieder waren es die Naturschutzverbände, die die Alpenvereinssektion München vor Gericht in die Schranken gewiesen haben. Die Nationalparkverwaltung selbst äußerte sich nicht zu dem umstrittenen Anbau.

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Der offene Streit zwischen Bundespolizei und Nationalparkverwaltung ist aber auch deshalb bemerkenswert, weil die Gegner hochrangige Behörden sind. Die Nationalparkverwaltung ist direkt dem Umweltministerium unterstellt. Man darf davon ausgehen, dass Nationalpark-Chef Baier die Ministerialen in München vorab darüber informiert hat, dass er sich gegen das Projekt der Bundespolizei wehren wird. Auch der Bundespolizei wird ein kurzer Draht in die Staatsregierung und die CSU nachgesagt. Zumal der Chef des Trainingszentrums, Thomas Lobensteiner, gleichzeitig Chef der Bergwacht in Bayern ist und von daher beispielsweise den CSU-Politiker Alois Glück gut kennt. Glück war von 2002 bis 2014 Bergwacht-Vorsitzender.

Von der Alm aus hat man einen spektakulären Blick auf Felswände

Die Kühroint-Alm zählt zu den Juwelen des Nationalparks. Sie liegt am Fuße des Watzmanns in 1420 Meter Höhe. Von ihren Wiesen und Weiden hat man einen spektakulären Blick auf die Felswände des Gebirgsstocks und die spärlichen Überreste des Gletschers in seinem Kar. An der Archenkanzel, zu der man in einer knappen Viertelstunde hinüberwandert, sieht man Hunderte Meter tief hinunter auf den Königssee und die berühmte Wallfahrtskirche St. Bartholomä. An schönen Tagen zieht es oft Hunderte Wanderer und Mountainbiker am Tag hinauf auf die weitläufige Alm.

Das Trainingszentrum der Bundespolizei ist in einem vormaligen Militärstützpunkt untergebracht. Er wurde in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts errichtet. Vor mehr als 20 Jahren hat die Bundespolizei das Areal für die Gebirgsausbildung ihrer Polizisten übernommen. Schon in den vergangenen Jahren ist es immer wieder erweitert und ausgebaut worden. Auf einer Internetseite der Bundespolizei, die inzwischen nicht mehr im Netz ist, hieß es noch im Dezember, dass jedes Jahr "rund 2500 Teilnehmer für ein- bis zweiwöchige Lehrgänge" in das Trainingszentrum kämen. Die Gebirgsausbildung ist dabei nur ein Aspekt. Weitere Inhalte sind demnach Teamtraining, aktive Regeneration oder Gesundheitsförderung. Hinzu kämen "Sonderveranstaltungen wie Delegationsbesuche ausländischer Sicherheitsbehörden, Sicherheitstagungen, Symposien und Staatsbesuche".

Nach Überzeugung von Naturschützern gehören die meisten dieser Veranstaltungen nicht in einen Nationalpark, wo der Naturschutz Priorität hat. "Wir verstehen, dass die Bundespolizei dort oben unter Hochgebirgsbedingungen Einsätze trainieren muss", sagt der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz, Norbert Schäffer. "Aber alle Aktivitäten, die nicht zwingend auf Kühroint abgehalten werden müssen, sollen außerhalb des Nationalparks stattfinden." Nationalpark-Chef Baier teilt diese Einschätzung ausdrücklich. "Hier wurde sukzessive aus der Bergausbildungsstätte ein herausgehobenes, repräsentatives Trainingszentrum etabliert", heißt es in der Stellungnahme des Nationalparks.

Bundespolizei-Präsident Dieter Romann hingegen hat den Naturschutzverbänden gegenüber schon früh versichert, dass die Erhaltung des "Berghüttencharakters" bei dem Projekt absoluten Vorrang habe. Allerdings seien die vorhandenen Räume und Flächen des Trainingszentrums nicht mehr ausreichend. Nun ist das Landratsamt Berchtesgadener Land am Zug. Es muss über das Projekt entscheiden.

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