Naturschutz:In Ostbayern leben 650 Fischotter

Lesezeit: 2 min

Fischotter, wie dieser im Wisentgehege Springe, lieben nun einmal Fische - und verursachen jährliche Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe. (Foto: Christophe Gateau/picture alliance/dpa)

Vor 30 Jahren waren die streng geschützten Raubtiere fast ausgerottet. Die ersten offiziellen Zahlen belegen, dass sich die Marderart wieder ausbreitet. Teichwirte und Tierschützer streiten erbittert über den Umgang mit der Art.

Von Christian Sebald, München

Es ist ungefähr 30 Jahre her, da war der Fischotter fast ausgerottet in Bayern. Nur noch an den Flüssen und Bächen im Bayerischen Wald waren einige wenige der pfeilschnellen Schwimmer und ausdauernden Taucher anzutreffen. Inzwischen breitet sich Lutra lutra, wie der wissenschaftliche Name der streng geschützten Art lautet, wieder aus im Freistaat. Vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz kann man wieder öfter einem Fischotter begegnen. Unklar war freilich bisher, wie viele genau inzwischen in den beiden Regierungsbezirken unterwegs sind. Nun hat die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zum ersten Mal den aktuellen Bestand schätzen lassen. Danach leben allein in der Oberpfalz und in Niederbayern etwa 650 Fischotter.

Die Zahlen, die bislang nur behördenintern kursieren, sind brisant. Denn die Wiederausbreitung des Fischotters in Bayern ist höchst umstritten. Vor allem die Teichwirte betrachten die Raubtiere, die einen kräftigen, gedrungenen Körper haben und bis zu 90 Zentimeter groß werden können, als ihre Feinde. Denn Fischotter jagen zwar auch Frösche, Schnecken und bisweilen sogar Enten und Möwen. Aber in der Hauptsache eben Fische. Bis zu 1,2 Kilo frischen Fisch frisst so ein Fischotter am Tag. Es gibt Teichwirte, die sich wegen der Wiederausbreitung der gefräßigen Räuber in ihrer Existenz bedroht sehen. Sie verlangen deshalb, dass sie einen Fischotter abschießen dürfen, sowie er sich über einen Fischteich hermacht.

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CSU und Freie Wähler haben sich die Forderung zu eigen gemacht. Sie wollen, dass der strenge Schutz der Tiere, die zu den Mardern zählen, abgesenkt wird. "Wir stehen stehen an der Seite unserer Teichwirte und werden den weiteren Prozess für die Entnahme des Fischotters konsequent begleiten", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Teichgenossenschaft in der Oberpfalz, Alexander Flierl. "Entnahme" ist das bürokratische Wort für Abschuss.

Die Bestandsschätzung stammt von Professor Steven Weiss und seiner Mitarbeiterin Tamara Schenekar. Die beiden Wissenschaftler forschen an der Uni Graz und haben schon mehrfach über die Wiederausbreitung des Fischotters in Österreich publiziert. Für ihre Studie für die LfL haben sie Daten des Fischotter-Monitorings der Landesanstalt, des Landesamts für Umwelt, des Landesfischereiverbands und des Agrarministeriums aus mehreren Jahren ausgewertet. Diese waren allerdings nur für Niederbayern und die Oberpfalz so präzise, dass sie für eine wissenschaftliche Abschätzung taugten.

Für das übrige Bayern wollten sich die beiden Wissenschaftler nicht festlegen. Die Daten von dort würden zwar ebenfalls eine Abschätzung ermöglichen, heißt es in der Studie. Aber sie seien so lückenhaft, dass eine Abschätzung auf ihrer Basis sofort auf Kritik stoßen würde. Rechnet man die Werte dennoch hoch, kommt man auf einen Gesamtbestand von etwa tausend Fischottern in Bayern. Annette Freibauer, die an der LfL das Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau leitet und dort für den Fischotter zuständig ist, und ihre Mitarbeiter wollen in diesem Winter zusätzliche Daten erheben lassen. Bis Ende 2023 soll dann eine präzise Schätzung des Gesamtbestands vorliegen.

Gleichwohl sehen sich die Teichwirte und die Fischer in der Überzeugung bestätigt, "dass der Fischotter in Bayern nicht mehr vom Aussterben bedroht ist", wie es in einer Mitteilung des Landesfischereiverbands (LfV) heißt. Stark gefährdet und teilweise vom Aussterben bedroht seien dagegen viele Fischarten. Es sei "höchste Zeit, die Entnahme von Fischottern zu ermöglichen", sagt LfV-Präsident Albert Göttle. "Alle Wildtiere in Bayern sind gleich viel wert." Es müsse Schluss sein "mit dem überbordenden Schutz symbolträchtiger Tierarten, wenn dies absehbar zu Lasten anderer gefährdeter Tierarten geht".

Die Naturschutzverbände werden eine Aufweichung des strengen Fischotter-Schutzes nicht widerspruchslos hinnehmen. Erst unlängst haben sie erfolgreich gegen ein Pilotprojekt der Regierung der Oberpfalz für den Abschuss von Fischottern geklagt. Der Freistaat hat inzwischen Revision gegen den Richterspruch durchgesetzt.

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