Geht es nach dem Willen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), so soll ein in Bad Abbach lebendes dreijähriges Mädchen baldmöglichst ausreisen. Zumindest erwecken die ersten drei Seiten eines Bamf-Entscheids diesen Eindruck. Per Bescheid vom 11. Juli wurde das Kind aufgefordert, "die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen".
Während nach Angaben örtlicher Asylhelfer sowohl der Mutter des Mädchens als auch ihrer vierjährigen Schwester für ein Jahr ein Bleiberecht eingeräumt wurde, hieß es im Fall der Dreijährigen: "Sollte die Antragstellerin die Ausreisefrist nicht einhalten, wird sie nach Nigeria abgeschoben."
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Der neue Bericht zeigt, wie Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt leben. Trotz mancher Erfolge gibt es vor allem bei der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt Probleme.
Zum konkreten Fall wollte sich das Bamf "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nicht äußern. Indes verteidigte es in seiner Stellungnahme grundsätzlich Schreiben dieser Art, betonte aber zugleich: "In jedem Fall gilt, dass Kinder nicht ohne ihre Eltern in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssen, die Rückkehr erfolgt grundsätzlich im Familienverband."
Hierauf weise das Bamf in seinen Bescheiden auch stets explizit hin. "Dennoch", so schreibt die Behörde, führe "die Übersendung eines negativen Bescheids an ein Kind manchmal zu der Besorgnis, das Kind würde ohne die Eltern ausgewiesen." Diese Sorge sei unbegründet. Welche konkrete rechtliche Relevanz die Entscheidung nun für die Dreijährige hat, ließ die Behörde offen.
"Das ist unsäglich, und zeigt einfach einmal mehr, wie gedankenlos das Bundesamt Entscheide raushaut", empört sich Christine Kamm, die asylpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen. Wie Kamm am Mittwoch betonte, sei sie zwar gleich davon ausgegangen, "dass man das dreijährige Mädchen jetzt nicht direkt und vor allen Dingen nicht alleine abschieben" werde. "Aber diese Entscheidung des Bamf hat alle verrückt gemacht: insbesondere die Mutter, die gerade erst wieder ein Kind entbunden hat - sowie auch die Menschen in Bad Abbach, die sich intensiv um die Kinder der Nigerianerin bemühen."
Mutter sollte gegen den Bescheid klagen
Waltraud Brombierstäudl, die das 2015 in Regensburg geborene Mädchen täglich sieht, hat die Bamf-Entscheidung erschüttert: "Ich kümmere mich um die Familie, seit sie in Bad Abbach ankam. Und sie hatte es oft nicht leicht." Doch das jetzige Schreiben des Bamf bringe das Fass zum Überlaufen. Gegen die Entscheidung müsse die finanziell klamme Mutter nun wohl gerichtlich vorgehen. Die Frist dazu läuft, wie ihr ein Anwalt mitteilte, am 26. Juli ab. "Wir halten die Entscheidung für absolut falsch und würden dringend anraten, Klage zu erheben und einen Eilantrag zu stellen", heißt es im Anwaltsschreiben.
Brombierstäudl hofft nun darauf, dass das Bamf seine Entscheidung zurückzieht. "Ansonsten bedeutet das für die Mutter des Kindes unnütze Kosten, unnütze Klageverfahren." Die Verwaltungsgerichte, so betont die 55-Jährige, seien doch ohnehin schon überlastet. Sie könne nicht begreifen, dass man kleine Kinder betreffende Entscheidungen verschicke, wo es dann heiße, "Abschiebeverbote" lägen nicht vor.
Mancher Bescheid ist "irgendwie kopflos"
Bei allem Ärger bringt die Asylhelferin aus Bad Abbach dennoch Verständnis für die einzelnen Mitarbeiter des Bamf auf. "Diese Leute sind teilweise echt arm dran", sagt sie. Sie erlebe ja selbst mit, wie sehr der Arbeitsdruck auf ihnen laste. "Dann kann das auch nicht mehr funktionieren", sagt sie. Ihr jedenfalls liege es fern, "das Bundesamt schlecht zu machen". Allerdings diesen Brief an die Dreijährige, den finde sie "irgendwie kopflos".
Die Abgeordnete Kamm sagt, sie habe viele Bamf-Entscheidungen in den Händen gehalten, bei denen man sich nur wundern könne. So etwa seien Asylanträge von Türken mit der Begründung abgelehnt worden, in der Türkei gebe es genug "inländische Fluchtalternativen". "Das ist natürlich Blödsinn", sagte Kamm, "und das müsste eigentlich auch jedem auffallen."