Ausstellung:Klosterwelten

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Vor zwei Jahren gingen die letzten Salesianerinnen aus dem oberbayerischen Beuerberg ins Altenheim. Eine Ausstellung widmete sich ihrem abgeschiedenen Leben in dem Dorf. Der Erfolg war so groß, dass die Schau verlängert wird

Von Felicitas Amler, Eurasburg

Der Besucher weiß gleich im ersten Raum, woran er hier ist: Ein riesiges schwarzes Gitter trennt die Besucher von drei Nonnen im anderen Zimmer, dessen Einrichtung sich schemenhaft im Dunkeln erahnen lässt. Es ist eine Inszenierung - das Gitter ist eine Rekonstruktion, die Figuren der Klosterschwestern sind auf Stoffbahnen projiziert. Aber das Gitter gab es, und die Trennung zwischen hüben und drüben war strikt. Eben dies scheint eine starke Faszination nicht nur auf religiöse Menschen auszuüben. Mehr als 43 000 Besucher kamen in den vergangenen fünf Monaten ins Kloster Beuerberg (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) in die Ausstellung "Klausur - vom Leben im Kloster", die am Sonntag zu Ende ging. Wegen der enormen Resonanz und weil andere Nutzungsideen aktuell nicht vorliegen, soll sie von Ostern nächstes Jahr bis Oktober, nach halbjähriger Pause, wieder präsentiert werden.

Das Diözesanmuseum Freising hat diese Ausstellung konzipiert und am authentischen Ort eingerichtet. Eine Schau, die erstmals Einblicke in ein einst geheimes - manche Bewohner der Ortschaft Beuerberg sagen: geheimnisumwittertes - Leben ermöglicht hat. Museumsdirektor Christoph Kürzeder und sein Team haben eine Gelegenheit genutzt, die es auch andernorts zunehmend gibt und geben wird: Das Kloster ist mangels Nachwuchses aufgelöst worden, die letzten 13 Salesianerinnen sind vor zwei Jahren aus der Beuerberger Klausur in Altenheime umgezogen.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Jahrhundertelang lebten die Nonnen von Kloster Beuerberg abgeschieden. Die Ausstellung "Klausur" gewährt erstmals einen Blick hinter die Gitter.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Räume wie das Chorgestühl des Klosters, die früher nur Ordensmitgliedern zugänglich waren, wurden für Besucher geöffnet.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Salesianerinnen von Kloster Beuerburg waren berühmt für ihren Likör. Auch in der Schau gibt es welchen zu probieren.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Allerlei Gegenstände aus dem Klosterleben zeigt die Ausstellung: Das reicht von religiösen Gegenständen wie Reliquien und einer Jesuspuppe...

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(Foto: Hartmut Pöstges)

...bis hin zur gut bestückten hauseigenen Klosterapotheke.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Einige Gerätschaften der Klosterküche wurden direkt weiterverwendet: Stella Igl bedient eine alte Rührmaschine.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Zusammen mit Maxie Denk (l.) hat Igl in den vergangenen fünf Monaten die "Klosterküche" als Restaurant weitergeführt.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Als Speisesaal diente den Wirtinnen das frühere Refektorium. Wenn die Ausstellung im kommenden Jahr weitergeht, soll auch die Klosterküche wieder öffnen.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im nächsten Oktober soll die Schau dann endgültig zu Ende gehen. Wie das Klostergelände danach genutzt wird, ist noch unklar.

Das Erzbistum München und Freising übernahm daraufhin das Kloster, das in seinen Ursprüngen auf das Jahr 1121 zurückgeht, als dort ein Augustiner-Chorherrenstift gegründet worden war. Nach der Säkularisation siedelten sich im Jahr 1835 Salesianerinnen an. Bis 1938 wurde auch ein Mädcheninternat betrieben. Berühmt war der Löwenzahn-Likör des Klosters - für viele Beuerberger, die ihn kauften oder schon beim Löwenzahn-Ernten halfen, einer der wenigen Kontaktpunkte zu den ansonsten streng zurückgezogen lebenden Schwestern. Ein anderer waren die Wahlen, so erinnert sich Moritz Sappl, der Bürgermeister der Gemeinde Eurasburg, zu der Beuerberg gehört: Die Schwestern verließen dann ihre Klausur, um im Wahllokal ihre weltlichen Kreuzchen zu machen.

Die Ausstellung aber zeigt den Alltag der Nonnen, den religiösen ebenso wie den hauswirtschaftlichen. Überbordende Schränke und Schachteln voller Reliquien und liturgischer Bastelarbeiten, Rosenkränze, Medaillons, Andachtsbilder, eine Jesus-Puppe, die je nach Anlass unterschiedlich gekleidet wurde, eine karg möblierte Klosterzelle, die hauseigene Apotheke, kleine sorgsam handgeschriebene und bemalte Theaterzettel, die an Aufführungen erinnern ("Frl. Hühnerbein und die Backfische"), Näh-, Stick- und Klöppelarbeiten, sowie Sinn- und Glaubenssprüche. Würde man das ganze Kloster bis unters Dach durchstöbern, fände man mehr und immer mehr, hier noch eine Kommode voller Bettzeug, da und dort ein Regal voller Hausrat, Töpfe, Porzellan, Keramik. Teile davon haben Maxie Denk und Stella Igl genutzt, die im Refektorium parallel zur Ausstellung ein temporäres Restaurant, die "Klosterküche", betrieben und damit einen ebenso überwältigenden Erfolg hatten. Auch sie wollen im kommenden Jahr wiedereröffnen. Die Gäste aus der näheren Umgebung freuen sich schon, insbesondere diejenigen, die damals einen Stammtisch etabliert hatten.

Christoph Kürzeder gewährte den Besucherinnen Einblick in das geheimnisvolle Leben der Nonnen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Offen ist, wie die stark sanierungsbedürftige Klosteranlage mit ihren annähernd 12 000 Quadratmetern Fläche auf drei Etagen künftig genutzt wird. Das Erzbischöfliche Ordinariat hat gerade den Teilumbau in eine Flüchtlingsunterkunft stoppen können. Die Regierung von Oberbayern sah keinen Bedarf mehr. Über neue Ideen ist noch nichts zu erfahren.

Museumsdirektor Kürzeder hat während der Ausstellung den Eindruck gewonnen, dass das Kloster eine Art Lernort für die Grundfragen der Menschen, nicht nur der gläubigen, sein könnte: "Die Leute kommen hier auf eine andere Weise zum Nachdenken als sonst", sagt er. Während der nächsten Ausstellung möchte er dies mit Diskussionsangeboten zu kirchlichen wie gesellschaftlichen Fragen nutzen.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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