Artenschutz:40 Luchse für ganz Bayern

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Raubkatze soll flächendeckend ausgewildert werden, fordert der Bund Naturschutz

Ulrich Wotschikowsky hat einen Traum. "Der Luchs soll wieder heimisch werden, hier bei uns in Bayern", sagt der Forstmann und Experte für Wolf, Bär und Luchs. "Die Raubkatzen zählen ja nicht nur zu den spektakulärsten Tierarten überhaupt, sondern die Bevölkerung hat sehr große Sympathie für sie. Und in den weitläufigen Wäldern bei uns im Freistaat haben wir viel Platz für Luchse." Im Bund Naturschutz (BN) hat Wotschikowsky jetzt einen Verbündeten gefunden. Am Freitag hat der BN die Initiative "Der Luchs soll wiederkommen" gestartet. Seine zentrale Forderung: Der Freistaat soll in den bayerischen Mittelgebirgen und den Alpen baldmöglichst 40 Luchse auswildern und so den Weg für eine flächendeckende Ausbreitung der streng geschützten Raubkatzen nach Bayern bereiten.

Die Initiative kommt zu einem überraschenden Zeitpunkt. Und zwar nicht nur, weil eine Freilassung von Luchsen in die Natur die erste solche Aktion im Freistaat wäre seit 45 Jahren. Es war 1971, als im Bayerischen Wald im Zuge der Gründung des dortigen Nationalparks einige Luchse ausgewildert wurden. Zusammen mit den Raubkatzen, die seit 1982 im angrenzenden Tschechien freigelassen wurden, bildeten sie den Grundstock für die heutige, winzige Luchspopulation in Ostbayern. Das ist es aber nicht alleine. Viele Jäger und Bauern stehen einer aktiven Wiederansiedlung von Luchsen sehr skeptisch gegenüber. Jahrhunderte lang betrachteten sie Wolf, Bär und Luchs als gefährliche Feinde und machten so scharfe Jagd auf sie, dass die Raubtiere Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet waren. Obwohl Luchse sehr scheu und ungefährlich sind für Menschen, hat sich bei einigen Landleuten wenig an dieser Einstellung geändert. Das zeigen die wiederholten Wildereien von Luchsen in Bayerischen Wald. Aber auch die Staatsregierung schließt eine aktive Wiederansiedlung bislang kategorisch aus. Sie will allenfalls eine natürlich Ausbreitung tolerieren.

"Die Hoffnung auf eine natürlich Ausbreitung ist aber vergeblich", sagt Wotschikowsky. "Im Gegenteil: Wenn wir jetzt nicht aktiv etwas für den Luchs tun, könnte sogar die kleine Population im Bayerischen Wald erlöschen." Trotz aller Bemühungen der Nationalparkverwaltung und anderer Naturschützer streifen gerade mal 29 Exemplare durch die Region - viel zu wenige, als dass sich die Art von dort aus auf die anderen Mittelgebirge ausbreiten könnten. Deshalb fordert Wotschikowsky, nun im Spessart, in der Rhön, im Steigerwald und den anderen Mittelgebirgen, aber auch in den Alpen rasch potenzielle Luchsreviere zu identifizieren und dort welche frei zu lassen.

"Für solche Auswilderungen nimmt man am besten kleine Gruppen aus zwei Weibchen und einem Männchen", sagt der Experte. "Das können Tiere aus Gehegen sein, aber auch aus freier Wildbahn." Die zentrale Voraussetzung für das Gelingen solcher Aktionen ist freilich, dass die Jäger, die Bauern und die anderen Leute in den jeweiligen Regionen voll hinter den Auswilderungen stehen. "Das ist der allerwichtigste Punkt", sagt Wotschikowsky. "Als allererstes müssen wir die Bevölkerung von unserer Initiative überzeugen, sonst sind die freigelassenen Luchse wieder verschwunden wie nix."

© SZ vom 23.07.2016 / cws - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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