Arbeitszeit der Lehrer:Bildungsforscher haben Verständnis für Piazolo

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Viele Grund-, Mittel- und Förderschullehrer in Bayern sind derzeit frustriert, weil sie künftig mehr arbeiten müssen. So soll der Lehrermangel aufgefangen werden. Gegen die Mehrarbeit formiert sich in sozialen Netzwerken bereits Widerstand: Auf der Internetseite des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) etwa finden sich Protestplakate zum Ausdrucken, die bereits über Kanäle wie Instagram oder Facebook vielfach verbreitet und kommentiert werden.

Dagegen haben Bildungsforscher für die Anordnung von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) Verständnis. Mehr noch: "Die Politik hat in dem Sinne nicht geschlafen", urteilt der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm. Der gewaltige Anstieg der Geburtenraten sei so nicht vorherzusehen gewesen. Außerdem dauere es Jahre, bis sich Änderungen im Ausbildungssystem in mehr Nachwuchslehrern niederschlügen. "Bayern macht es schon exemplarisch gut", findet auch Dirk Zorn von der Bertelsmann-Stiftung. "Dass es dennoch nun zu diesen drastischen Maßnahmen kommt, zeigt einfach die Schwierigkeit der Materie." Zur Bekämpfung des Lehrermangels schlägt Zorn ähnliche Schritte vor, allerdings empfiehlt er, auf freiwillige Aufstocker zu setzen, weil Zwangsmaßnahmen "die Attraktivität des Berufs und auch die Moral der Belegschaft zu unterhöhlen" drohten. Piazolo hatte sogar an die Lehrer appelliert, freiwillig mehr zu arbeiten. Dass das ausreicht, glaubt er aber nicht.

Die meisten Grundschullehrer in Vollzeit müssen künftig eine Stunde mehr pro Woche unterrichten. Diese soll in Form eines Arbeitszeitkontos zurückgegeben werden, wenn es in circa fünf Jahren wieder genug Lehrer gibt. Zudem wird die Mindeststundenzahl von Volks- und Förderschullehrern mit bestimmten Teilzeitverträgen erhöht, der vorzeitige Ruhestand in der Regel erst ab 65 Jahren genehmigt und Sabbatjahre werden nicht gewährt. Der BLLV, die Landtagsopposition und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierten Piazolos Maßnahmen scharf und forderten stattdessen langfristige Lösungen sowie bessere Bezahlung, um den Job attraktiver zu machen. Die GEW regte an, als schnelle Lösung die Stundentafel zu kürzen. Piazolo lehnt dies ebenso ab wie größere Schulklassen.

© SZ vom 13.01.2020 / angu, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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