Anwälte ziehen Bilanz:Demofreiheit bei Gipfel "massiv" eingeschränkt

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Einen Monat nach dem G-7-Gipfel ziehen die Grünen zusammen mit den Anwälten der Demonstranten Bilanz. Sie kritisieren, dass die Demonstrationsfreiheit während des Gipfels "massiv" eingeschränkt wurde. Der Anwalt der Demonstranten, Hartmut Wächtler, ist "empört", wie der Gipfel rechtlich abgelaufen ist. Der Freistaat hätte Richter und Staatsanwälte zur Verfügung gestellt, aber keine Anwälte. Vom "rechtsstaatlichen Vorgehen" sei das "nicht in Ordnung", sagt Wächtler. Genau wie das Sicherheitskonzept des Freistaats, das für ihn "verfassungswidrig" ist, weil es den Demonstranten nicht ermöglichte, in "Sicht- und Hörweite" von Schloss Elmau zu demonstrieren. Dazu hätten sie laut Bundesverfassungsgericht aber das Recht. Er ist deshalb zuversichtlich, dass er dort mit einer Klage erfolgreich sein wird. Zuvor war er bis zum Verfassungsgerichtshof (VGH) gegangen und hatte verloren. Die Argumente des VGH seien "Scheinargumente", sagt Wächtler. "Jenseits von Gut und Böse" findet er, dass die Richter vorschlugen, eine Delegation von 50 Demonstranten mit Polizeibussen zum Schloss eskortieren zu lassen: "Wenn der Staat Demos organisiert, sind wir in autoritären Staaten angekommen." Er kritisiert auch, dass der VGH seine Entscheidung "bis zum letzten Moment rausgezögert" hatte, sodass er nicht mehr rechtzeitig Beschwerde einlegen konnte.

Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Stamm blickt mit "Bauchschmerzen" auf den Gipfel zurück. Das Innenministerium habe mit der Ankündigung von 3000 Gewaltbereiten versucht, Demonstranten abzuschrecken. Zum Schluss sprach die Polizei noch von 300 potenziellen Randalierern. Insgesamt habe es 84 Ingewahrsamnahmen und 38 strafrechtliche Vorwürfe gegeben, sagt Marco Noli vom Anwaltsteam. Die "gravierendsten Fälle" seien zwei Demonstranten gewesen, die einen Plastikteller und ein Stück Holz nach Polizisten geworfen haben sollen. Verletzt wurde niemand. Dafür saßen sie drei Tage in Untersuchungshaft. Auch Noli will deshalb vor das Verfassungsgericht ziehen.

Die Anwälte kritisieren zudem die CSU-Pläne, Vermummungen auf Demos wieder als Straftat zu werten. Jetzt ist es eine Ordnungswidrigkeit. Das habe "befriedend" gewirkt, sagt Wächtler. Wenn das Gesetz kommt, werde die Zahl der "unfriedlichen Polizeieinsätze" wieder steigen.

© SZ vom 14.07.2015 / nell - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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