Ansbach: Amoklauf an Gymnasium:Bewaffnet mit Axt und Molotowcocktail

Lesezeit: 3 min

Ein 18-Jähriger hat im fränkischen Ansbach einen Anschlag auf seine Schule verübt und mehrere Menschen verletzt. Gegen ihn wurde Haftbefehl beantragt.

Die Polizei hat durch ihren schnellen Einsatz beim Amoklauf im Ansbacher Carolinum-Gymnasium möglicherweise Schlimmeres verhindert. Der Täter war bei seiner Festnahme mit einer Axt, mehreren Messern und einem weiteren Molotowcocktail bewaffnet gewesen, wie die Ermittler in Ansbach mitteilten.

Bei einem Anschlag mit zwei Molotowcocktails auf eine Ansbacher Gymnasium wurden zehn Schüler verletzt. (Foto: Foto: ap)

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, der 18-Jährige habe auch die herbeigeeilten Polizisten bedroht. Die Beamten hätten daher den jungen Mann mit mehreren Schüssen verletzt.

Nach Polizeiangaben schossen die Beamten mit einer Maschinenpistole auf den jungen Mann, der von fünf Kugeln getroffen wurde. Sein Gesundheitszustand sei kritisch, Lebensgefahr bestehe aber nicht mehr.

Die Polizei war den Angaben zufolge durch einen Schüler der 13. Jahrgangsstufe über den Amoklauf informiert worden. Nur elf Minuten nach dem Notruf aus der Schule nahm die Polizei den 18-Jährigen fest. Zuvor hatte er acht Mitschüler und einen Lehrer verletzt.

Nach Darstellung der Polizei lässt sich der Tathergang derzeit so rekonstruieren:

Kurz nach 8:30 Uhr betritt der Schüler mit einer Axt, mehreren Messern sowie Molotowcocktails das Gymnasium Carolinum in Ansbach. In einer elften Klasse zündet er einen Molotowcocktail und geht mit der Axt auf Schülerinnen los.

Einen weiteren Brandsatz schleudert er in das schräg gegenüberliegende Zimmer der neunten Klasse, dieser zündet aber nicht.

Fünf Minuten später löst ein Schüler der 13. Klasse Feueralarm aus und ruft die Polizei. Er ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und beginnt nach dem Notruf damit, das Feuer in einem Klassenzimmer zu löschen.

Eine Klasse hat sich zum Schutz vor dem Täter verbarrikadiert. Nachdem sie Schreie gehört und Rauch bemerkt hätten, habe ihre Lehrerin nach einem kurzen Blick aus dem Klassenzimmer sofort die Tür verschlossen und Tische und Stühle vor die Tür geschoben, berichtete eine Schülerin dem Ansbacher Radiosender Radio 8.

Gegen 8:43 Uhr trifft die erste Polizeistreife am Gymnasium ein, registriert im Treppenhaus Brandgeruch und stellt den Täter im Toilettenbereich. Die Polizisten eröffnen daraufhin das Feuer aus einer Maschinenpistole und treffen den Täter mit fünf Kugeln.

Nach der Festnahme des jungen Mannes bringen Lehrer verletzte Schüler aus der Schule. Die benachbarte Agentur für Arbeit bietet allen Angehörigen der Schule sofort Zuflucht. Die Schule wird abgesperrt und von Spezialeinheiten der Polizei durchsucht.

Nach Angaben von Schulleiter Franz Stark trugen Lehrer die verletzten Schüler aus der Schule und überprüften, ob alle die Klassenräume verlassen hatten. Die meisten der auf den Schulhof geschickten Jugendlichen hätten zuerst an eine Übung geglaubt, berichtete Stark. Für Freitag wurde der Unterricht abgesagt. Die Schüler sollen aber Gelegenheit erhalten, mit Fachleuten über das Erlebte zu sprechen.

Der junge Mann war laut Herrmann bei Polizei und Justiz bislang "nicht in Erscheinung getreten". Zeugen beschrieben den Mann als umgänglich, freundlich und nicht aggressiv.

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen versuchten Mordes gegen den 18 Jahre alten Gymnasiasten erlassen. "Schwerpunkt wird es sein, aufzuhellen, was in dem Täter vorgegangen ist", hieß es aus der Staatsanwaltschaft.

Wann der schwerverletzte junge Mann dem Haftrichter vorgeführt werden könne, sei allerdings noch offen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ansbach.

Nach Angaben des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle (CSU) besuchen auch Geschwister des 18-Jährigen die Schule. Nähere Angaben zum Täter machten die Ermittler und Minister zunächst nicht.

Herrmann zeigte sich überzeugt, dass es durch den schnellen Polizeieinsatz gelungen sei, eine schlimmere Eskalation zu verhindern. Bei diesem Amoklauf habe sich gezeigt, "dass die fortentwickelten Einsatzkonzepte greifen".

Mit Bestürzung reagierte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) auf den Ansbacher Schulanschlag. "Diese schreckliche Tat macht mich zutiefst betroffen", sagte Merk. "Meine Sorge gilt vor allem den verletzten Schülern." Wichtig sei nun vor allem psychologische Hilfe. "Die Verletzten, aber auch die Mitschüler und Lehrer brauchen jetzt schnellstmöglich kompetente psychologische Hilfsangebote, um bleibende Traumata zu verhindern."

Bayerische Lehrer haben unterdessen mehr Sicherheit an Schulen gefordert. Schulen seien Teil der Öffentlichkeit und dürften deshalb nicht hermetisch abgeschlossen werden; allerdings sollten Sicherheitsaspekte beim Bau neuer Schulen oder bei Umbauten künftig stärker berücksichtigt werden, forderte der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände (ABL), Walter Fronczek.

Der nordrhein-westfälische Philologenverband forderte die Medien zu einer "zurückhaltend-sachlichen Berichterstattung" über Amokläufe auf. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass Nachahmungstäter umso eher zu Gewalttaten animiert würden, je intensiver die Berichterstattung über solche Vorfälle sei.

Die Stadt Ansbach hat ein Seelsorgetelefon eingerichtet unter der Telefonnummer 0981 / 468777.

© sueddeutsch.de/AFP/AP/dpa/ddp-bay/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: