Anhörung im Landtag:Immer mehr Rettungseinsätze

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Weite Wege, fehlendes Personal: Experten fürchten Engpässe

Bayerns Rettungsdienste werden immer häufiger zu Einsätzen gerufen. Waren es im Jahr 2006 noch 639 000 Einsatzfahrten, so sind es mittlerweile bereits 981 000, teilte der SPD-Abgeordnete Harry Scheuenstuhl am Montag bei einer Expertenanhörung im Landtag mit. Auch sei anhand ausgewerteter Einsatzprotokolle zu ersehen, dass im Freistaat mittlerweile jedes zehnte Rettungsfahrzeug nicht mehr die Rettungsfrist einhalte - sprich: nicht mehr zwölf Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffe. Die Gründe für diese Entwicklung, darin war sich die Expertengruppe einig, sind vielfältig. Einer davon ist: Anstatt sich an ihren niedergelassenen Arzt zu wenden, rufen viele Patienten gleich bei der Notrufnummer 112 an, wenn sie unter Beschwerden leiden, die sie nicht einordnen können. Unter diesen seien eben auch extrem viele Bagatellfälle, wie der Notfallmediziner Peter Sefrin aus Würzburg betonte. Und dies belaste nicht nur die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser, sondern auch die Rettungsdienste. Sie dürfen schon aus rechtlichen Gründen keinen Patienten abweisen. "Hier wird der Rettungsdienst im groben Maße missbraucht", hieß es aus der Runde. Ein Ursache dafür sei indes auch, dass es auf dem Land Hausärzte fehlten. Jene, die für ihre Patienten auch außerhalb der Praxiszeiten da sind, würden immer weniger.

Weitere Probleme kommen noch hinzu. Um nur eines zu nennen: Die Krankenhausstruktur hat sich drastisch verändert. Insbesondere kleinere ländliche Häuser können nicht mehr die Kapazitäten vorhalten, die für schwere Fälle dringend gebraucht werden. "Rettungsteams müssen folglich größere Kliniken ansteuern, und damit verlängern sich die Fahrtwege", sagte Sefrin.

Dramatisch, so heißt es seitens der Rettungsdienste, sei auch das Nachwuchsproblem. Angesichts der Arbeitsbelastung schauten sich viele Nachwuchskräfte nach anderen Berufsfeldern um. Gute Leute würden abgeworben - von der Polizei, der Bundeswehr, aber auch von Großbetrieben. Ein Personalratsmitglied aus Franken warnte: "Es werden in den nächsten Monaten Rettungswagen in der Wache stehen bleiben, weil uns das Personal fehlt."

© SZ vom 11.07.2017 / dm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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