"Das beste Ergebnis":Aiwanger ist bereit fürs Jawort

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Jubel in orange: Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, ist seinem Traum ganz nah - er könnte Partner der CSU in einer Regierung werden. (Foto: lino mirgeler/dpa)

Die Freien Wähler fahren ihr bislang bestes Ergebnis ein und bieten sich der CSU für ein Bündnis an. Wenn es reicht, am liebsten als einziger Partner

Von Christian Sebald, München

Punkt 18 Uhr flackert die Prognose auf dem Bildschirm im Saal der Freien Wähler auf, da brandet Jubel schon der Jubel hoch. 11,5 Prozent lautet die erste Zahl. Im Saal gibt es kein Halten mehr. "Das ist das beste Ergebnis, das wir bei einer Landtagswahl eingefahren haben", ruft der Fraktionsgeschäftsführer Florian Streibl. Der Münchner FW-Abgeordnete Michael Piazolo ist ebenfalls hoch erfreut. "Es hat sich einmal mehr ausgezahlt, dass wir eine bürgerlich, pragmatische Politik für den Normalmenschen machen", sagt er. "Wir können sehr zufrieden sein." Natürlich ist auch Parteichef Hubert Aiwanger überglücklich. "Wir haben uns immer um die Probleme der kleinen Leute gekümmert", sagt er. "Und das haben uns die Wähler dieses Mal besonders honoriert. So gut waren wir noch nie."

Von Aiwanger ist jetzt die Anspannung abgefallen. Der FW-Chef, der im niederbayerischen Rottenburg an der Laaber daheim ist, hat am Sonntagmittag um Punkt zwölf Uhr im Feuerwehrhaus von Inkofen seine Stimme abgegeben. Danach ist der 47-jährige Agraringenieur mit seiner Lebenspartnerin, der Regensburger FW-Landrätin Tanja Schweiger, und den beiden Söhnen noch ein wenig im Wald spazieren gegangen. Und dann ist er auch schon nach München in den Landtag gefahren - wo er von 16 Uhr an in den FW-Fraktionsräumen mit engen politischen Gefährten wie dem Münchner Michael Piazolo zusammensaß. Aiwanger sagt von sich, dass er gut mit Anspannung umgehen könne. Zuletzt war ihm freilich den Druck des Wahlkampfs deutlich anzumerken.

Mit diesem Ergebnis haben die Freien Wähler nicht nur bewiesen, dass sie eine stabile Größe der Landespolitik sind. Sondern sie können nun machtvoll Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung anmelden. Wer das Parteichef Aiwanger und seinen Leuten vor zehn Jahren vorhergesagt hätte, wäre nicht nur von den damaligen CSU-Granden belächelt worden. Jetzt richten sich die Freien Wähler darauf ein, dass die Wahlverlierer um Ministerpräsident Söder sie alsbald ganz offiziell zu Sondierungsgesprächen für eine Koalition einladen. Parteichef Aiwanger hat freilich schon in den vergangenen Wochen alles getan, um dies der CSU so einfach wie möglich zu machen. Gleich ob in Talkshows oder auf Wahlveranstaltungen - immer wieder hat er seine Freien Wähler der CSU als Koalitionspartner angeboten. Zuletzt schloss er nicht einmal mehr ein Regierungsbündnis aus CSU, FW und FDP aus - aber nur, wenn das Wahlergebnis für CSU und FW alleine nicht ausreichen sollte. Denn am liebsten wollen die Freien Wähler natürlich eine Zweier-Koalition.

Das würde auch politisch Sinn machen, denn die Freie Wählern und die CSU stehen sich programmatisch sehr nahe. Aiwanger und seine Partei verstehen sich als mindestens so konservativ und bürgerlich wie die CSU - und als sehr pragmatisch. Einer der wichtigsten Knackpunkte dürfte die dritte Startbahn am Münchner Flughafen sein. Für eine Koalition müsste sich die CSU wohl endgültig von dem Projekt verabschieden.

Dieses Wahlergebnis zählt aber auch deshalb so viel für die Freien Wähler, weil sie sich in einer denkbar schwierigen Situation behauptet haben. In Bayern ist das bürgerlich-konservative Spektrum so zersplittert wie nie zuvor. Aiwanger und Co mussten im Wahlkampf nicht nur gegen die CSU bestehen. Sondern vor allem auch gegen FDP und AfD. Zwar hat Aiwanger nie wirklich daran geglaubt, dass seine Partei in der neuen Unübersichtlichkeit zu den Verlierern gehören könnte. Aber ein gewisses Risiko gab es doch, auch wenn die Freien Wähler zuletzt in allen Umfragen stabil zwischen zehn und elf Prozent rangierten.

Eine Sorge hat Aiwanger an diesem Abend. Das ist die Stärke der AfD. "Wir haben wirklich gehofft, dass die Leute sich ihre Wahl doch noch genau überlegen", sagt er nachdenklich. "Aber diese Hoffnung hat uns wohl getrogen." Gleich darauf kündigt er an, dass "alle demokratischen Parteien diese Wahlergebnisse genau analysieren müssen". Und vor allem die CSU fordert er auf, dass sie sich endlich wieder um die "wirklichen Sorgen und Nöte der Menschen kümmert", statt sich weiter "Großmachträumen wie dem Raumfahrtprogramm Bavaria One" hinzugeben. Und dann sagt Aiwanger noch: Nur "indem wir uns ganz tief zu den Leuten hinunterbeugen, können wir das verloren gegangene Vertrauen in die bürgerlichen Pareien wieder zurückholen".

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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