80. CSU-Parteitag:Tiefschwarz und ein bisschen bunt

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Auf ihrem Parteitag wird sich die CSU hauptsächlich mit der Flüchtlingskrise befassen. Am Rande geht es aber auch um die Rechte homosexueller Paare

Von S. Krass, W. Wittl, München

Mit Antrag Nummer M 2 wird alles sein Ende finden. Er lautet: Mitglieder, die länger als 50 Jahre der CSU angehören, können auf Wunsch von der Zahlung des Beitrags befreit werden. Freunde des ausführlichen Debattierens werden dann vielleicht enttäuscht sein, dass der CSU-Parteitag damit bereits vorbei ist. Die Sache mit dem Beitrag wird der 183. Antrag auf dem CSU-Parteitag sein, er steht auf Seite 467 der gebündelten Werke. Alle anderen Teilnehmer werden wohl durchschnaufen. Beim vergangenen Parteitag gab es Kritik, dass die Diskussion zu früh abgewürgt worden sei. Diesmal sollen alle Anträge behandelt werden, sofern die etwa 1000 Delegierten das wünschen.

Die Aufmerksamkeit des 80. CSU-Parteitags, der diesen Freitag in der Messe in München-Riem beginnt, werden freilich andere auf sich ziehen: Am frühen Abend wird Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen und testen, ob die CSU wirklich so ein friedlicher und guter Gastgeber ist, wie ihr Chef Horst Seehofer das angekündigt hat. Zuletzt herrschten ja einige Irritationen im Verhältnis der Schwesterparteien, beginnend beim Willen der Kanzlerin, keine Obergrenzen für Flüchtlinge zu definieren. Und vorerst endend beim bayerischen Finanzminister Markus Söder, der mahnte, Merkel müsse diesen Kurs endlich korrigieren. Seehofer, der Ruhe verordnet hatte, hat seinen Minister recht brüsk zur Ordnung gerufen, ihm als Motiv persönliche Profilierung unterstellt. Dass er dies nicht im trauten Gespräch gemacht hat, sondern Söder via Medien abkanzelte, ärgert manchen in der Partei. Seehofer könnte dadurch ein paar Stimmen weniger bekommen als bei seiner letzten Wahl zum Parteichef (95,3 Prozent), doch das dürfte ihm egal sein. Neben ihm stehen am Samstag als Stellvertreter die Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, die Europapolitiker Angelika Niebler und Manfred Weber sowie der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl zur Wahl.

Ganz oben auf der Antragsagenda rangiert der Leitantrag, der kurz vor Merkels Ankunft beschlossen werden soll. Pikant: Im Gegensatz zur Kanzlerin fordert die CSU "schlüssige Konzepte zur dringend notwendigen Begrenzung des Flüchtlingszustroms". Deutschland müsse ein Signal aussenden, "dass unsere Kapazitätsgrenzen bereits erreicht sind". Seehofer wird sich ausführlich zur Debatte äußern. Am Samstag wird es vor den Wahlen vor allem darum gehen, die Verdienste und Erfolge zu betonen.

Am Rande des Parteitags geht es um ein weiteres Thema, das die Partei auch bewegt. Auslöser ist ein erstes Treffen von Gleichgesinnten, die etwas ändern wollen an ihrer CSU. Dabei kommen homosexuelle Parteimitglieder und Unterstützer zusammen, um einen Prozess in Gang zu bringen, an dessen Ende die CSU sich zur kompletten Gleichstellung homosexueller Beziehungen mit denen von Heterosexuellen bekennen soll.

Initiator des Treffens ist der 27-jährige Münchner Patrick Slapal, stellvertretender Vorsitzender des JU-Kreisverbandes Schwabing. Er habe in den vergangenen Jahren auf Parteiveranstaltungen viele Gespräche über das Verhältnis der CSU zur Homosexualität geführt. Nun wolle er sich systematisch mit Gleichgesinnten vernetzen und Argumente sammeln. "Der bisherige Umgang der CSU mit dem Thema ist sehr problematisch", findet Slapal. Die Ablehnung der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften sei "die Achillesferse" der Partei, "ein Ballast, den sie abräumen muss".

Der Parteitag ist überschrieben mit den Schlagworten "Migration, Leitkultur, Integration". Das bezieht sich hauptsächlich auf das Thema Flüchtlinge. Doch Slapal hakt beim Begriff "Leitkultur" ein. Zur Leitkultur einer modernen Partei müsse die "Gleichheit von Homosexuellen gehören", mit Adoptionsrecht und der Möglichkeit zur Eheschließung. "Ich sehe die Ehe nicht als einen Wert für sich, sondern als ein Instrument, das den Zusammenhalt von Menschen definiert, die den Lebensweg zusammen beschreiten wollen", sagt Slapal. Münchens CSU-Bürgermeister Josef Schmid etwa hat kein Problem mit der Homo-Ehe, er lässt sich regelmäßig auf dem Christopher Street Day blicken. Auch Seehofer ist mit dieser Frage immer entspannt umgegangen, schon seit seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister. Der Landtagsabgeordnete Markus Blume beschäftigt sich mit dem Thema in seiner Funktion als Chef der Grundsatzkommission. Er muss einen Spagat hinbekommen zwischen dem großstädtischen Milieu, das die CSU bedienen will, und dem eher traditionell ausgerichteten ländlichen Raum. So kommen bei diesem Parteitag aus Schwaben und Niederbayern Anträge, die eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ablehnen. Slapal will seine entgegengesetzte Sicht noch nicht offen auf dem Parteitag zur Sprache bringen. Markus Blume glaubt aber, dass die CSU ihre gesellschaftspolitische Position "entwickeln und dabei auch den Lebensrealitäten Rechnung tragen wird". Könnte heißen: Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden rechtlich mit der Ehe gleichgestellt, der Begriff "Ehe" aber soll Mann und Frau vorbehalten bleiben.

Das Treffen soll am Samstagabend beginnen, wenn alle Anträge bereits verlesen sein werden. Bislang hat Slapal etwa 20 Zusagen.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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