60,4 Prozent Zustimmung:Das schönste Geschenk

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Den Weg für eine Regionalbahn haben die Erlanger mit 60,4 Prozent Zustimmung geebnet. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Erlangens OB freut sich über Bürgervotum für die Umlandbahn

Von Olaf Przybilla, Erlangen

Am Tag danach fährt Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) erst um 10.30 Uhr ins Büro. Manchmal, sagt er, "muss man sich auch was gönnen". Janik hatte Geburtstag am Sonntag, er macht keinen Hehl daraus, dass das späteste Geschenk auch das schönste war: 60,4 Prozent der Erlanger haben für die Regionalbahn gestimmt, die Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach miteinander verbinden soll. Janik war vorsichtig optimistisch vor der Abstimmung, das schon. Mit so einer satten Mehrheit hatte er aber nicht gerechnet, gibt er zu. Und mit der Wahlbeteiligung auch nicht: Fast 45 Prozent der berechtigten Erlanger haben sich an der Abstimmung beteiligt, für einen Bürgerentscheid ist das eine beachtliche Zahl.

Natürlich, die Zahl derer, die sich zuvor für die Metropolbahn stark gemacht hatten, war imposant. Die CSU-Bezirksvorsitzenden von Nürnberg und Erlangen, Markus Söder und Joachim Herrmann, hatten sich dafür ausgesprochen. Die rot-grün-gelbe Koalition in Erlangen ohnehin. Auch die gesamte Stadtpolitik Nürnbergs. Dazu die Wirtschaft, die Hochschulen und Gewerkschaftsvertreter der Region. Das kann man eine breite gesellschaftliche Mehrheit nennen, zumal von Bund und Land 90 Prozent Fördermittel zugesagt sind. Dass aber Großprojekte, seien sie noch so sinnvoll, per Bürgervotum trotzdem verhindert werden können, das war Janik bewusst. Und zwar dann, wenn wie so oft die Mehrheit der Befürworter in Trägheit erstarrt - während die Minderheit der Skeptiker alle möglichen Hebel in Bewegung setzt.

In Erlangen ist es nun aber ganz anderes gelaufen: Die Siemens- und Universitätsstadt hat sich sehr deutlich für das 300-Millionen-Projekt ausgesprochen, das viele in der Region "historisch" nennen. Schließlich ist etwa Herzogenaurach - mit Adidas, Puma und Schaeffler Sitz dreier Weltkonzerne - bisher nur mit Auto oder Bus erreichbar. Die Studenten der Uni Erlangen-Nürnberg leiden schon seit Jahrzehnten am mäßigen Angebot, auf das sie angewiesen sind, um die auf zwei Städte verteilten Fakultäten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Vom neuen, 500 Millionen Euro teuren Siemens-Campus in Erlangen-Süd ganz zu schweigen: Viele derer, die dort künftig arbeiten, werden in Nürnberg-Nord wohnen. Und dürften mehrheitlich sicher nicht den öffentlichen Nahverkehr nutzen, wenn sie auf stauanfällige Busse umsteigen sollen.

Für die Regionalbahn ist die Abstimmung trotzdem nur ein Schritt. Er bedeutet lediglich, dass Erlangen dem Zweckverband beitreten kann. Die Detailplanung der Trasse dürfte kompliziert werden, die Straßen Erlangens sind an vielen Stellen nicht gerade geräumig für einen Gleiskörper. Gerade deshalb aber war "die hohe Wahlbeteiligung wichtig für uns", sagt Janik. "Jetzt haben wir ein klares Votum, wie es weitergehen soll."

Verlierer der Abstimmung? Als solche gelten in Erlangen nicht so sehr die privaten Initiatoren des Entscheids. Sie wollten ein Projekt, das allein die Stadt wohl mehr als 60 Millionen Euro kosten wird, verhindern - was ihr gutes Recht war. Ins Abseits geraten ist vielmehr die städtische CSU: Sie war zunächst gegen die Regionalbahn, dann dafür, am Ende wieder dagegen. Und das obwohl sich Innenminister Herrmann - immerhin Mittelfrankens CSU-Chef - vehement für diese Bahn eingesetzt hatte. Über die Beweggründe für diesen kuriosen Kurs wird nun viel spekuliert. Dass es auch späte Rachegelüste waren, die dazu geführt haben, will kaum jemand ausschließen. 2014 hatte der junge SPD-Mann Janik überraschend über den CSU-Amtsinhaber Siegfried Balleis triumphiert. Der wollte die Bahn nicht.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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