Verkehrssicherheit:"Defensiv und rücksichtsvoll"

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Siegfried Brockmann leitet seit 2006 die Unfallforschung beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft. Er ist gelernter Kraftfahrzeugmechaniker, später studierte er Politische Wissenschaft an der Freien Universität Berlin. (Foto: dpa-tmn)

Unfallforscher Siegfried Brockmann rät Nutzern der neuen Elektro-Tretroller zu einer vorsichtigen Fahrweise.

Interview von Peter Löschinger/dpa

Noch laufen die technischen Zulassungsverfahren beim Kraftfahrtbundesamt (KBA), in Kürze aber werden die ersten Elektro-Tretroller auf deutschen Straßen auftauchen. Die gesetzlichen Regelungen dazu, die Bundesrat und Bundesregierung zuletzt beschlossen hatten, werden aller Voraussicht nach in diesem Monat in Kraft treten. Wie also fahren sich die kleinen Flitzer? Und was ist dabei zu beachten? Fragen an den Berliner Unfallforscher Siegfried Brockmann.

SZ: Herr Brockmann, sind Sie selbst schon einmal mit einem Elektro-Tretroller unterwegs gewesen?

Siegfried Brockmann: Ja, im Ausland und sogar mit einem ganz stabilen Exemplar. Ich finde, man gewöhnt sich schnell daran. Aber genau darum unterschätzt man die Gefahren und wird leichtsinnig.

Was ist beim Fahren zu beachten?

Ich finde die Beschleunigung schon beachtlich. Solange man eine gute Fahrbahnoberfläche hat, fährt es sich ganz stabil und sicher. 20 Kilometer pro Stunde sind aber im Falle einer Kollision oder eines Sturzes eine Geschwindigkeit, bei der man andere oder sich selbst durchaus schwer verletzen kann.

Was ist typisch für das Fahrverhalten der Roller?

Es gibt bei den Rollertypen extrem große Unterschiede. Je stabiler die Konstruktion und je größer der Raddurchmesser, umso sicherer fährt man. Mit kleinen Rädern ist das Fahrverhalten grundsätzlich instabiler, und Hindernisse bringen das Fahrzeug schneller aus der Balance. Leider bedeutet sicherer damit in der Regel auch schwerer und unhandlicher.

Wie sollten sich Rollerfahrer verhalten, damit sie andere und sich selbst nicht in Gefahr bringen?

Wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auch: vor allem defensiv und rücksichtsvoll. Allerdings kann ich keinen Grund erkennen, warum sich ein Fahrer eines elektrisch angetriebenen Tretrollers in der Praxis besser verhalten sollte, als wir das heute bei anderen Verkehrsteilnehmern beobachten. Ich setze deshalb zwingend darauf, dass die Polizei ein wachsames Auge darauf haben wird, dass vor allem die Fußwege von den Rollerfahrern tatsächlich nicht benutzt werden.

Der Gesetzgeber schreibt in Deutschland keine Helmpflicht vor. Aber was meinen Sie: Sollte man einen Helm tragen? Und wenn ja, warum?

Eine aus den USA bekannte Studie zeigt besonders viele sogenannte Alleinunfälle, also Stürze ohne Unfallgegner. Bei diesen war sehr häufig der Kopf betroffen. Eine Helmempfehlung würde ich daher dringend abgeben, eine Pflicht halte ich vorläufig nicht für erforderlich. Zu den Unfallabläufen sind sicherlich weitere Forschungen nötig.

Welche Kleidung sollten die Fahrer von E-Tretrollern tragen?

Das ist doch eine theoretische Frage: Natürlich wären Helm und Protektoren dienlich, ähnlich dem Inline-Skating. Aber dann wäre ja die Flexibilität und der Einsatz für die letzte Meile nicht mehr gegeben. Es wird also in der Praxis auf die normale Alltagskleidung hinauslaufen.

© SZ vom 01.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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