Knapp 30.000 Euro beträgt der Brutto-Jahreslohn eines deutschen Arbeitnehmers. Ein aktueller Porsche 911 Carrera in der Grundausstattung kostet etwas mehr als 90.000 Euro, also dreimal so viel. Für einen ähnlichen Betrag können Immobilieninteressenten auch eine Eigentumswohnung erwerben.
Auf der finnischen Inselgruppe Åland hat nun der Industrielle Anders Wiklöf 95.000 Euro gänzlich anders ausgegeben: als Bußgeld. Er wurde mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt, anstelle der in der Ortschaft vorgeschriebenen 50 km/h fuhr er mit seinem Wagen 77 km/h. Wiklöf sagte dazu der Lokalzeitung Nya Åland: "Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich zu schnell gewesen sein soll".
Kimi Räikkönen musste 30.000 Euro zahlen
Die Höhe der Strafe mutet ungewöhnlich hoch an, nicht jedoch auf Åland. Die kleine Inselgruppe in der nördlichen Ostsee zwischen Finnland und Schweden ist zwar weitgehend autonom, gehört jedoch offiziell zu Finnland. Dort ahnden die Behörden Verkehrsvergehen anhand des individuellen Einkommens. Verkehrssünder zahlen keinen Festbetrag für bestimmte Verstöße, sondern eine individuelle Strafe, die aus dem jeweiligen Verdienst errechnet wird.
Daraus resultieren hohe Strafen für reiche Menschen. In den vergangenen Jahren kamen immer wieder wohlhabende Prominente in Finnland in die Schlagzeilen, weil sie für verhältnismäßig kleine Vergehen hohe Strafen zahlen mussten. Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen musste 2005 beispielsweise 30.000 Euro dafür zahlen, dass er für seinen Bootsanhänger keine Papiere bei der Kontrolle vorzeigen konnte und zudem keine zusätzlichen Außenspiegel für das Gespann montiert hatte.
"Zusatzsteuer für Reiche"
Der aktuelle Fall des Industriellen hat die Debatte befeuert, ob solche hohen Beträge noch im Bezug zum Vergehen stehen. Im Interview mit der größten finnischen Boulevardzeitung Ilta-Sanomat hat Matti Tolvanen, Professor für Kriminalrecht, Bedenken geäußert ob der Verhältnismäßigkeit: "Das System ist eine Art Zusatzsteuer für Reiche. Außerhalb Finnlands versteht das niemand."
Temposünder Wiklöf sagte der Lokalzeitung Ålandstidning, dass er das Geld lieber einem Krankenhaus oder Kindergarten gespendet hätte. In Schweden hätte er 450 Euro für das gleiche Vergehen bezahlt. Das System der einkommensbasierten Strafen müsse überdacht werden.
Die Polizei hingegen hält die Bußgelder für berechtigt. Immerhin beträgt bei einer Geschwindigkeit von 77 km/h der Anhalteweg 56,58 Meter. Daran sollte vielleicht auch denken, wer über Geschwindigkeitsverstöße debattiert.