Nostalgierennen:Rallye-Genuss in Zeitlupe

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Eine Oldtimer-Rallye in einem alten Land Rover ist ein ebenso sonder- wie wunderbares Erlebnis. (Foto: Jaguar Land Rover)

Die Oldtimer-Rallye Hamburg-Berlin-Klassik im alten Land Rover: mit 70 km/h Spitze, Seilwinde und Scheibenwischer im Handbetrieb. Doch der Landy schlägt sich achtbar - obwohl es reinregnet.

Von Mathias Paulokat

Müssen mehrtägige Oldtimer-Rallyes nur ein Pläsier von autobesessenen, vermögenden Privatiers sein? Es geht auch anders: Ganz ohne Porsche Speedster, italienischer Berlinetta, BMW 507 oder Mercedes-Flügeltürer kann man für vergleichsweise kleines Geld großen Rallye-Spaß erleben: Im urbritischen Land Rover aus dem ersten Produktionsjahr 1949 beispielsweise. Mit dem Urahn des legendären Defender wird die Hamburg-Berlin-Klassik (HBK) zum echten Abenteuer. Die HBK führt im Spätsommer von der Elbe nach Rostock und von dort entlang der Ostseeküste nach Stettin. Entgegen des Oderlaufs geht es dann Richtung Berlin.

180 Fahrzeuge sind am Start. Und in manchem edlen Roadster müht sich die Gattin redlich mit Roadbook und den darin notierten Chinesenzeichen, bedient Stoppuhren und berechnet tapfer Durchschnittsgeschwindigkeiten für die anstehenden Wertungsprüfungen. Dabei gibt es noch jede Menge mehr Handicaps, welche die 800 Kilometer Strecke zu einer echten automobilen Herausforderung machen können:

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Land-Rover-Fahrer sollten besonders gut auf ihr Fahrzeug aufpassen, denn Autodiebe haben eine Schwäche für die britischen Geländewagen. Aber auch deutsche Autos werden gerne gestohlen - allen voran ein bestimmtes BMW-Modell.

Der 65 Jahre alte Land Rover ist mehr Maschine als Automobil. Ein Motörchen mit vier Zylindern und 50 PS muss reichen, das Getriebe ist unsynchronisiert, und der Wendekreis entspricht dem eines Lkw. Spitzengeschwindigkeit: 70 km/h. Aber nur im Gefälle. Sonst eher 60. Immerhin ein wirksamer Schutz gegen Radarfallen. Heizung? Fehlanzeige. Dafür ein Scheibenwischer für den Fahrer, der wiederum vom Beifahrer per Hand bedient werden darf.

Es ruckelt, zieht und regnet rein

Als zusätzliche Erschwernis prangt die Startnummer 158 auf dem grünen Blech unseres Landy. Anders gesagt: 157 Fahrzeuge sind schon unterwegs, bevor wir überhaupt auf die Strecke dürfen. Und die restlichen 22 Fahrzeuge haben uns nach zwölf Kilometern mühelos überholt. Respektlos? Nein, gut so, denn da können wir uns ganz auf Roadbook und Prüfungen konzentrieren. Und das ist mühsam genug. Wir hoppeln mehr schlecht als recht durch die ersten Lichtschranken. Es ruckelt, zieht und regnet rein. Eigentlich kein Wunder, denn der erste Land Rover war als Ackergerät und nicht als Rallye-Feger konzipiert. Daher ziert auch eine Spill-Winde den Bug und ein Riemenantrieb das Heck unseres Haudegens.

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Bei einer Kreisfahrt müssen wir rücksetzen. Und verlieren nochmals wertvolle Sekunden. So kann es nicht weitergehen. Wir üben kurzerhand das geschmeidige Anfahren und zeitgenaue Pilotieren entlang der Route gen Osten. Am zweiten Tag läuft es besser. Angekommen in Stettin rangieren wir respektabel im Mittelfeld. Trotz fehlender Reserven liegen unsere Zeitabweichungen am Ende unter einer Sekunde - da staunen sogar die Profis. Und als kurz vor den Toren Berlins noch unsere elektronische Stoppuhr versagt, weil das Batteriefach aufspringt und die Akkus herauskullern, zählen wir kurzerhand mit dem mechanischen Stopper runter. Das reicht tatsächlich für den dritten Platz in unserer Klasse und dem 39. Rang im Gesamtklassement.

© SZ vom 20.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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