Motorradlärm:Motorräder könnten längst leiser sein

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Peter Fahrenholz ist selber Motorradfahrer. Und ärgert sich seit langem über unnötig laute Auspuffanlagen. (Foto: imago stock&people)

Der Streit um zu laute Motorräder eskaliert gerade jetzt, weil die Politik einiges versäumt hat. Aber auch die Biker-Szene ist gefordert.

Kommentar von Peter Fahrenholz

Von Wilhelm Busch gibt es den schönen Satz: Musik wird oft nicht schön gefunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden. Was in den Ohren des einen Wohlklang ist, ist für andere eben bloß Lärm. Das gilt umso mehr, wenn die Geräuschkulisse nicht nur mal kurz von einzelnen erzeugt wird, sondern geballt und über längere Zeit von vielen.

Der Streit über den Lärm von Motorrädern auf beliebten Ausflugsstrecken, der seit Jahren immer wieder aufflammt, ist jetzt eskaliert. Auf Initiative einzelner Bundesländer wird über Streckensperrungen für Motorräder am Wochenende diskutiert. In Südtirol hat man das bereits ausprobiert, dort werden seit längerem im Sommer bestimmte Strecken in den hoffnungslos überlaufenen Dolomiten für motorisierte Fahrzeuge stundenweise gesperrt. Dabei hat sich aber gezeigt, dass dies keineswegs auf einhellige Zustimmung bei den Betroffenen stößt.

Am Auspuff herumzufummeln, war jahrelang ein Kavaliersdelikt

Denn was für die einen eine willkommene Erholung von Lärm und Abgasen ist, bedroht bei anderen die wirtschaftliche Existenz. Längst haben Hotels Motorradfahrer als interessante Zielgruppe entdeckt, bieten geführte Touren und mit Werkzeug ausgestattete Garagen an. Und auch viele Gastwirte wissen zu schätzen, dass sich Motorradgruppen bei der Mittagspause in der Regel nicht mit dem kleinen Salatteller begnügen.

Die Eskalation rund um den Motorradlärm hat sich die Politik zum Teil selber zuzuschreiben. Denn es könnte schon lange leiser sein. Warum sind laute Zusatzauspuffanlagen für Motorräder und auch für Autos, gern als Sportauspuff verbrämt, nicht längst verboten? Warum ist die Lärmobergrenze nicht schon abgesenkt worden, verbunden mit mehr Kontrollen und entsprechend empfindlichen Geldbußen bei Verstößen?

Aber auch die Motorradszene trägt eine erhebliche Mitschuld daran, dass ihr jetzt Streckensperrungen gerade dort drohen, wo das Fahren besonders viel Spaß macht. Jahrelang war es mehr oder weniger ein Kavaliersdelikt, an den Auspuffanlagen herumzufummeln; wer den lautesten Auspuff hatte, konnte mit der Bewunderung seiner Kumpels rechnen. Dass das in vielen Fällen illegal war, störte keinen, man hoffte halt darauf, nicht erwischt zu werden. Auch das kindische Imponiergehabe, bei Ortsdurchfahrten im kleinen Gang die Drehzahl hochzujagen oder an Ampeln extra das Gas aufzureißen, ist noch immer weit verbreitet. Aber der Wind hat sich gedreht, die Mehrheit in den unzähligen Motorradforen hat erkannt, dass die Uneinsichtigen das Hobby gefährden. Die Vernünftigen müssten den Druck auf die schwarzen Schafe aber weiter erhöhen. Dann darf der Kumpel bei der Gruppentour halt nicht dabei sein, solange seine Maschine zu laut oder er zu rücksichtslos ist.

© SZ vom 30.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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