Mercedes M-Klasse:Aus der Tiefe des Raumes

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Die M-Klasse von Mercedes ist dynamischer geworden. Das neue Mitglied der Motorenpalette ist ein Vierzylinder-Dieselaggregat.

Georg Kacher

Extras, so weit das Auge reicht. Optionen, die selbst tiefe Taschen nachhaltig leeren. Doch es gibt Ausnahmen: Die vernünftigste Verführung in Sachen neue M-Klasse kostet 119 Euro und erhöht die Reichweite um gut 35 Prozent. Die Rede ist vom größeren 93-Liter-Tank, der bis zu 1500 Kilometer zwischen zwei Boxenstopps ermöglicht.

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Nein, hier ist nicht der Wunsch der Vater des Gedanken. Sondern der neue 2,0-Liter-Diesel, der schon bei 1600 Umdrehungen mit 500 Newtonmeter Drehmoment so kräftig anschiebt wie vor zwei, drei Jahren nicht einmal der V6. Der 204 PS starke Selbstzünder wuchtet den 2150 Kilo schweren ML 250 CDI in neun Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit ist mit 210 km/h erreicht. Der Verbrauch? Im Mittel sechs Liter, in der rauen Wirklichkeit von Autobahn und Landstraße sind es dann noch immer erstaunliche 9,3 Liter.

Mit knapp 55.000 Euro ist der Vierzylinder fair kalkuliert, aber keineswegs üppig ausgestattet. Für 3730 Euro mehr bekommt man den 3,0 Liter großen V6 mit nunmehr 258 PS und 620 Newtonmeter. Der deutlich spritzigere und laufruhigere Sechszylinder schafft den Spurt in 7,4 Sekunden, läuft 224 km/h und konsumiert 7,4 Liter.

Beide Motoren erfüllen dank Abgas-Nachbehandlung mit AdBlue die Abgasnorm Euro 6, beide harmonieren ausgesprochen gut mit der ebenso reaktionsschnellen wie sanft schaltenden Siebengangautomatik, beide holen aus dem schmalen Drehzahlband den optimalen Mix aus Anschieben und Gleiten heraus.

Auf Wunsch macht der neue ML sogar in mittelschwerem Gelände eine derart souveräne Figur, dass nur noch Extremkletterer zur G-Klasse greifen dürften. Die gut 5000 Euro teure Mischung aus Geländereifen, Airmatic-Luftfederung und Off-Road-Paket macht den 4,80 Meter langen Mercedes dank Untersetzungsgetriebe, zwei Fahrprogrammen fürs Gelände, Längssperre und zusätzlichen Airmatic-Funktionen zum Akrobaten auf vier Rädern.

Auf befestigten Straßen neutralisiert der ML schon im Ansatz störende Fliehkräfte, wenn der Besitzer fast 6700 Euro in das Sportparket (19 Zoll-Räder, Sportbremse) und in die aktive Wankstabilisierung investiert hat, die bei Mercedes Active Curve System heißt. Dabei werden die Querstabilisatoren entweder vorgespannt oder entkoppelt, was einerseits die Querneigung des Aufbaus minimiert und andererseits bösen Bodenwellen den Schrecken nimmt.

Doch damit nicht genug - es locken weitere Assistenzsysteme, die uns das Leben erleichtern und die Kasse des Herstellers füllen sollen. Das Intelligent Light System kann fast alles außer dem Gegenverkehr zublinzeln, das Nachtsichtgerät funktioniert wie eine ins Armaturenbrett eingebaute Wärmebildkamera, der Parkassistent zirkelt in kleinste Lücken, der Spurhalte- und Totwinkelassistent schaut gleichzeitig nach hinten und nach vorne und Distronic Plus tritt bei Gefahr selbsttätig auf die Bremse.

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Das klingt überzeugend, hat in der Praxis aber Nebenwirkungen. So lässt sich der Spurhalteassistent von jeder halbwegs sichtbaren Behelfsmarkierung ins Bockshorn jagen und der Einparkassistent übersieht schon mal ein verstecktes Hindernis.

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Doch auch ohne Siebte-Sinn-Extras ist der ML ein kompetenter Allrounder. Seine fahrdynamischen Stärken sind der gute Komfort sogar mit 19- und 20-Zöllern, die tadellose Richtungsstabilität, das unproblematische Einlenkverhalten und das fein abgestimmte Zusammenspiel von Fahrwerk, Lenkung und Bremse.

Im Detail gibt es freilich durchaus Spielraum für Verbesserungen. Die straffe Federung und die weiche Grunddämpfung finden erst bei zügiger Gangart richtig zueinander, die Lenkung reagiert in manchen Lebenslagen nicht ganz so prompt und progressiv wie erwartet. Den Bremsen fehlt am Limit der letzte Biss und die ultimative Rückmeldung. Das kann der BMW X5 besser, der als 4.0d auch bei den Fahrleistungen den Maßstab setzt. Doch der neue ML hat aufgeholt - er ist, um im BMW-Jargon zu bleiben, viel dynamischer geworden.

Auf gewohnt hohem Niveau bewegen sich Verarbeitung, Platzangebot und Variabilität. Das Design ist außen wie innen modischer geworden, in der Vollausstattung buhlen jetzt mit Comand-Controller, Off-Road-Stellwerk und Fahrprogamm-Wählrad drei runde Dreh-Drücksteller um die rechte Hand des Fahrers. Und in Form der Eco-Taste besitzt endlich auch das Dickschiff ein Start-Stopp-System.

Das Cockpit wirkt aus manchem Blickwinkel überfrachtet, doch der ML erschließt sich dem Besitzer mit jenem selbst erklärenden Automatismus, den bereits das schlüssellose Zugang- und Startsystem, das beispielhafte Infotainment oder die hohe Variabilität des Innenraums kennzeichnen.

Dazu kommen der kleinste Wendekreis und der größte Kofferraum seiner Klasse - und BAS. Dahinter verbirgt sich der Bremsassistent, der Notbremssituationen erkennt und vor zu dichtem Auffahren warnt. Das kleine rote Dreieck, das bei Unterschreiten des Sicherheitsabstandes aufleuchtet, dürfte nicht nur Leben, sondern auch viele Führerscheine retten.

© SZ vom 05.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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