Hochgeschwindigkeitszüge in den USA:Tempo machen

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Der Wilde Westen soll neu erobert werden: Washington will zehn Regionen der USA mit Hochgeschwindigkeitszügen ausstatten. Mit Grafik.

Günther Fischer

Die Eroberung des sogenannten Wilden Westens war nicht zuletzt dem Eisenbahnbau zu verdanken. Immerhin: Die USA galten immer schon als Land mit dem Nimbus der unendlichen Weite und der unbegrenzten Möglichkeiten. Aber ausgerechnet dieses große Land verfügt über kein nennenswertes Netz an Hochgeschwindigkeitszügen. Die US-Bahngesellschaft Amtrak hat eine einzige Strecke, auf der ein Zug mit höherer Geschwindigkeit fahren kann: der vor neun Jahren eingeführte Acela Express zwischen Boston und Washington.

Die geplanten Schnellzugstrecken (Foto: Grafik: The White House)

Die traurige Realität: Statt der möglichen Höchstgeschwindigkeit der Züge von 240 km/h werden dort aufgrund der zahlreichen Kurven und des gemeinsamen Verkehrs mit langsameren Güter- und Personenzügen im Durchschnitt nur 129 km/h erreicht.

Die Frage darf gestellt werden: Wo, wenn nicht in den USA, ergäben Hochgeschwindigkeitszüge denn mehr Sinn? Dieses Manko hat unlängst auch US-Präsident Barack Obama erkannt und sich nachdrücklich dafür ausgesprochen, ein Schienennetz für moderne Schnellzüge aufzubauen. Die USA könnten es sich nicht länger leisten, auf eine umfassende Modernisierung der Bahn zu verzichten, so Obama. Der erwünschte Nebeneffekt: Die Staus auf den Straßen würden ebenso verringert werden wie Luftverschmutzung und Energieverbrauch. Außerdem entstünden Arbeitsplätze

Ein neues Schienennetz sei ein langfristiges Projekt, räumte Obama bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus ein. Es sei jetzt aber an der Zeit, mit der Verwirklichung zu beginnen.

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Günther Fischer

Die Regierung hat dafür acht Milliarden Dollar (6,1 Milliarden Euro) aus dem Konjunkturpaket bereitgestellt, das einen Umfang von insgesamt 787 Milliarden Dollar hat. Ein System von Hochgeschwindigkeitszügen sei keine Zukunftsvision, so Obama. Allerdings müsse die Umsetzung jetzt angegangen werden, forderte er und verwies dazu auf die Erfahrungen in Europa und Asien.

Mittlerweile sind die Pläne konkreter. Den acht Millarden Dollar sollen fünf weitere folgen, jeweils eine im Abstand von einem Jahr. Das erste Geld beginnt bereits zu fließen - und Medien wie der Economist und das Time Magazine zeigen sich begeistert von Obamas Vorhaben.

Insgesamt sollen zehn Regionen mit einem Netz an Hochgeschwindigkeitszügen ausgestattet werden. Drei davon befinden sich im Nordosten: Northern New England, Empire (New York) und Keystone (Pennsylvania). Dazu kommen der Southeast, Florida und die Region an der mittleren Golfküste (Gulf Coast), South Central, das sogenannte Chicago Hub Network, Kalifornien und Pacific Northwest.

Große Regionen wie die zehn genannten seien Anhäufungen mit hohem Marktpotential, deren Möglichkeiten durch Hochgeschwindigkeitsstrecken vervielfacht werden könnten - das meinte zumindest Richard Florida, Stadtentwicklungsexperte an der Universität von Toronto, im US-Nachrichtenmagazin Time: "Wenn es irgendwo auf der Welt einen Ort gibt, an dem ein solches Programm sinnvoll ist, dann sind das die USA."

Die Vorbereitungen haben jedenfalls schon begonnen. Eine Abordnung der verantwortlichen Stellen in den USA war bereits auf Europareise, um die verschiedenen Systeme zu begutachten. Die definitive Entscheidung der Obama-Regierung für Hochgeschwindigkeitsnetze fiel bereits im April. In diesen Tagen werden nur noch die Details nachgereicht.

Scheint so, als ob sich in den USA ein neuer Pioniergeist breitmacht.

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