Die Revolution fand 2007 statt. Damals machte Apple mit dem iPhone das mobile Internet auf einen Schlag massentauglich. Möglich wurde das, weil das Bedienkonzept über den Berührungsbildschirm erstaunlich gut funktionierte. Kurz darauf kam auch noch die Idee mit den Apps dazu - und von da an war endgültig nichts mehr wie zuvor. Der Siegeszug der Smartphones verlief derart schnell, dass auch die Autobauer unter Druck gerieten. Besonders die Premiumhersteller mussten lernen, dass die kommunikativen und multimedialen Fähigkeiten ihrer Autos für die Kunden ein wichtiges Kaufkriterium sind. Ging es früher um ABS und ESP, schauen die Käufer heute auf Facebook, Twitter und Co.
Als erster Hersteller weltweit bietet BMW nun im neuen Siebener und Dreier Touring eine Zusatzausstattung an, mit der sich E-Mails und Kurznachrichten (SMS) während der Fahrt diktieren lassen. BMW arbeitet dazu mit dem Sprachspezialisten Nuance zusammen, der auch hinter der PC-Spracherkennungssoftware Dragon Naturally Speaking steht und an Apples digitaler Assistenzfunktion Siri für das iPhone 4s mitgearbeitet hat.
Wie beim iPhone werden im Auto die Sprachinformationen zunächst in ein Rechenzentrum gesendet: "Wir müssen die Audiodaten aus dem Auto übertragen auf die Server unseres Partners", sagt Christian Süß, der bei BMW das Projekt Sprachdialogsysteme leitet. Für die Datenübermittlung wird dabei eine im Fahrzeug verbaute SIM-Karte genutzt.
Auf den Servern von Nuance steht nicht nur mehr Rechenpower zur Verfügung, die man unbedingt braucht, um Sprache unabhängig von einem vorher erfassten Sprecher zu trainieren. Dort wird auch gespeichert, wenn ein Fahrer Korrekturen am erfassten Text vornimmt, damit das entsprechende Wort beim nächsten Mal richtig erkannt wird. Ist die Audiodatei schließlich bearbeitet, schickt Nuance den Text zurück ins Auto. Bei einer guten Verbindung dauert dies nur wenige Sekunden, diktiert werden kann etwa zwei Minuten lang am Stück.
Damit die Sache mit Mails und SMS funktioniert, braucht der Fahrer aber auch ein Handy, das Mails und SMS über den Funkstandard Bluetooth weitergeben kann. Während die SIM-Karte samt drei Jahren kostenloser Nutzung im Preis für das Navigationssystem Professional (3360 Euro) enthalten ist, kostet der Diktierdienst noch einmal extra. Der Vertrag wird dabei direkt mit Nuance geschlossen, pro Jahr schlägt der Service mit 24,95 Euro zu Buche.
Auch am Navigationssystem hat BMW kräftig gearbeitet. Es lässt sich ebenfalls über Sprache steuern und kommt auch mit Eingaben zurecht wie: "Navigiere nach München, Hultschiner Straße 8." Die Spracherkennung findet dabei im Auto statt, weil für die Navigation nur ein begrenzter Wortschatz nötig ist. Sehr viel Wert legen die Münchner auch auf die Darstellung am Bildschirm, die nun dreidimensional gestaltet ist, aber nur, wie man betont, um dem Fahrer zu dienen, nicht weil es schick aussehe. Nähert man sich beispielsweise dem Ziel, ändert sich die Ansicht von einer Kartendarstellung zu einer dreidimensionalen Ansicht der Gegend um das Ziel, um die Orientierung zu erleichtern. All das, verspricht BMW, sei "erst der Anfang". Künftig will man, ebenfalls über Internetdienste, Abfragen ermöglichen wie "Wo kann ich hier in der Nähe parken?"
Die Unterhaltungseinheit kann nun wie Musikdienste im Internet ähnliche Lieder auf ihrer zwölf Gigabyte großen Festplatte suchen und als persönliches Radio abspielen. Auch Apps erhalten bei BMW eine steigende Bedeutung. Der Autokonzern stellt einen virtuellen Werkzeugkasten für Programmierer zur Verfügung, mit denen diese Apps schreiben können, die Kunden auf ihr Smartphone laden und dann auf dem Bildschirm des Autos ablaufen lassen können. Erlaubt sind aber nur Apps, die die Fahrer so wenig wie möglich ablenken. Was ins Auto darf, bestimmt BMW, da jede App zertifiziert wird.
Auch die Bedienung durch berührungsempfindliche Oberflächen wird bei BMW Einzug halten. Wie bei Audi, wo es das schon gibt, ist die Touch-Oberfläche auf dem Drehdrücksteller untergebracht und erkennt mit dem Finger gemalte Buchstaben. Dies ist vor allem auf dem chinesischen Markt eine gute Sache, weil es Tausende Schriftzeichen gibt. Kunden in China erhalten das Touchpad noch dieses Jahr, in Europa kommt es erst 2013.