Der Name klingt wie eine orwellsche Drohung: Markttransparenzstelle für Kraftstoffe. Doch die Behörde beim Bundeskartellamt bietet ein Versprechen an die Verbraucher. Endlich, so die Idee, sollen Autofahrer vergleichen können, wie teuer der Sprit an jeder Tankstelle in Deutschland ist.
Seit Ende vergangenen Jahres müssen Tankstellenbetreiber melden, wieviel sie aktuell für einen Liter Super oder Diesel verlangen. Die Behörde sorgt dann aber nicht selbst für Transparenz, sondern gibt die Daten weiter an Dritte, die die Verbraucher informieren sollen. Das übernehmen dann Anbieter wie clever-tanken.de, Benzinampel, 1-2-3 Tanken oder der ADAC. Die Markttransparenzstelle listet inzwischen mehr als ein Dutzend Anbieter auf, die über ihre Webseite oder eine App in Echtzeit darüber informieren, wieviel der Sprit wo kostet. Die Apps funktionieren inzwischen zuverlässig und helfen preisbewussten Autofahrern, die günstigste Tankstelle in der Umgebung zu finden. Einer Allensbach-Umfrage zufolge soll schon jeder vierte Autofahrer ein solches Angebot genutzt haben.
Bislang fehlt aber eine systematische Auswertung der gesammelten Daten. Welcher Anbieter ist am teuersten? Wo in Deutschland langen die Mineralölkonzerne am meisten zu? Wann gehen die Preis nach oben? Darauf gibt es nun erste Antworten. Süddeutsche.de hat die Datenbank von clever-tanken.de, einem der größten Tankportale, ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Auswertung werden wir für Sie in den kommenden Tagen in mehreren Stücken aufbereiten. Einen ersten Überblick sehen Sie bereits in der Grafik oben.
Was aber hat es mit den Zahlen auf sich? Die Auswertungen basieren auf den Meldungen der Tankstellen im gesamten Monat März. Für die Monate davor war die Datengrundlage aufgrund technischer Probleme noch nicht stabil genug.
Eine Meldung an sich ist kurz und übersichtlich. Name der Firma. Adresse. Datum und Uhrzeit. Und natürlich der Preis. Das Ergebnis ist dann weit weniger gut lesbar, weil etwa 14.000 Tankstellen Tag für Tag, Stunde für Stunde neue Preise melden. So entsteht schnell ein Wust aus vielen Millionen Datensätzen. Und damit Zahlenhaufen, in dem Fehler schnell untergehen.
In einer ersten Analyse war beispielsweise Aral und die Region um Hannover so teuer, dass wir den Zahlen nicht trauen konnten. Ein genauer Blick in den Datenberg hat das Problem offenbart: Eine Tankstelle bei Kassel meldete über einen längeren Zeitraum den Liter Diesel für 1414 Euro - also vermutlich um den Faktor 1000 zu hoch. Manche Tankstellen gaben sogar 9999 Euro für den Liter Sprit an. Deshalb haben wir uns alle Werte angesehen, bei denen Tankstellen einen Spritpreis von über 2 Euro oder unter 1,20 gemeldet hatten. Das waren nur wenige hundert und die waren meist so deutlich unter oder über der Marke, dass wir sie als Fehlermeldungen aussortiert haben.
Trotzdem ist die Auswertung nur so gut, wie die gemeldeten Zahlen. Wenn ein Tankstellenbetreiber systematisch ein paar Cent zu billig meldet, lässt sich das nicht überprüfen. Das ist die Aufgabe der Tankseiten, die als Teil ihres Angebots eine einfache Beschwerde-Möglichkeit bieten müssen. Seit Dezember vergangenen Jahres sind darüber allein bei clever-tanken.de mehrere tausend Beschwerden eingegangen. Die Beschwerden werden automatisch an die Markttransparenzstelle gemeldet. Das Bundeskartellamt wertet die Meldungen aus und nutzt sie, um die von den Tankstellen gemeldeten Preise zu verifizieren.
Die Werte für den von uns ausgewerteten Kraftstoff E10 können Sie übrigens einfach auf das gängige Super (E5) umrechnen, indem Sie 4 Cent aufschlagen. Diese Differenz ist in aller Regel konstant.
Die Auswertungen und Hintergründe rund ums Thema Tanken, die Sie in den kommenden Tagen auf SZ.de lesen werden, sollen erst der Anfang sein. Wir sind uns sicher, dass wir noch mehr entdecken, wenn wir über einen längeren Zeitraum sehen können, wie sich die Preise entwickelt haben.