Urteil gegen Japan:"Walfang für Forschungszwecke ist Vergangenheit"

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Japan muss die Waljagd im Südpolarmeer einstellen (Foto: dpa)

Japan darf keine Wale mehr zu wissenschaftlichen Zwecken jagen. Seerechtler Henning Jessen bewertet das Urteil im Interview als Meilenstein. Aber wird sich Japan daran halten? Und sind die sanften Riesen damit wirklich besser geschützt?

Von Christoph Behrens

Das höchste UN-Gericht hat Japan die Jagd auf Großwale im Südpolarmeer verboten. Das Land verstoße dort gegen internationales Recht, urteilte der Internationale Gerichtshof (IGH) am Montag in Den Haag. Henning Jessen ist Seerechtler an der Uni Hamburg, und begrüßt die Entscheidung gegen den Walfang.

Was bedeutet das Urteil, ist das wirklich ein Meilenstein für den Schutz der Wale?

Das würde ich klar so einordnen. Das ist ein deutlicher Sieg für den Umweltschutz, und für die Anti-Walfang-Bewegung. Japan hat in allen Punkten bis auf einen verloren. Das Urteil ordnet den sofortigen Stopp des japanischen Walfangs in der Antarktis an. In dieser eindeutigen Form war das nicht zu erwarten.

Die Richter schreiben zur Begründung, der japanische Walfang diene nicht "wissenschaftlichen Zwecken". Fällt die Wissenschaft als Feigenblatt nun aus?

Der Internationale Gerichtshof hat klar gefordert, dass ein Staat, der wissenschaftlichen Walfang betreibt, die Verhältnismäßigkeit der Methoden überprüfen muss. Der Vorwurf der Richter war ja, dass Japan gleich zu tödlichen Methoden gegriffen hat, ohne überhaupt Alternativen zu prüfen. Das hat erhebliche Zweifel an der Wissenschaftlichkeit geweckt. Walfang zu Forschungszwecken ist in Zukunft zwar noch möglich, Staaten müssen aber künftig sehr viel genauer belegen, dass es ihnen tatsächlich um wissenschaftliche Zwecke geht. Japan müsste also einen wissenschaftlichen Zweck für die Tötung von Walen nachweisen. Wie soll das gehen? Es gibt eine ganze Reihe milderer Mittel, um Walpopulationen zu erforschen.

Das Verbot ist auf die Antarktis begrenzt. Könnte Japan nicht einfach in andere Gebiete ausweichen?

Rechtlich gesehen schon, aber viele Walarten kommen ja nicht überall vor. Zudem ist die antarktische Schutzzone äußerst wichtig als Rückzugsgebiet für die Wale, die Gewässer sind sehr krillreich. Ich glaube auch, dass das Urteil eine gewisse Ausstrahlungswirkung auf die restlichen Weltmeere haben wird, zum Beispiel auf das wesentlich kleinere japanische Walfangprogramm im Nordpazifik.

Wird mit der Entscheidung das Völkerrecht gestärkt?

Definitiv, denn die Japaner haben angedeutet, das Urteil des internationalen Gerichtshofs zu respektieren. Das Völkerrecht leidet generell an einem Durchsetzungsmangel. Hier gibt es jetzt eine enge Verbindung zwischen Handlungen eines Staats, Urteil und Konsequenzen. Das ist positiv.

Island und Norwegen halten ebenfalls am Walfang fest. Welche Signalwirkung geht von dem Verbot in ihre Richtung aus?

Diese beiden Staaten dürften das Urteil aufmerksam verfolgt haben, auch wenn es sich auf den Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken im Südpolarmeer bezieht. Eine Kernaussage des IGH-Urteils besteht ja darin, dass die internationale Gemeinschaft ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Walfang für rechtswidrig hält. Das ist einer der Hauptpunkte, warum das Urteil so wichtig ist: Dass man die Tötung von Walen vor der Welt sehr genau rechtfertigen muss. Auch künftig können etwa arktische Ureinwohner noch Wale für Selbstversorgungszwecke töten. Aber der großangelegte Walfang für Forschungszwecke dürfte der Vergangenheit angehören.

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