Rosetta-Mission:Was Kometen über das Sonnensystem verraten

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"Philae" sendet erste Bilder von Komet 67P. Wenn Wissenschaftler Kometen untersuchen, blicken sie zurück in die Kinderstube des Sonnensystems vor etwa 4,6 Milliarden Jahren.

Von Marlene Weiß

Wer die Geschichte der Erde erforscht, hat oft mit Kleinkram zu tun: Papyrus-Schnipsel, winzige Fossilien, Knochen, Keramik-Splitter, je nachdem, um welche Epoche es geht. Bei den Astrophysikern, die die Geschichte des Sonnensystems verstehen wollen, ist es ähnlich: "Man muss die kleinen Dinge anschauen", sagt Klaus Jockers, Wissenschaftler am Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS). Zum Beispiel: Kometen.

Denn je kleiner ein Himmelskörper ist, desto eher ist sein Material im Originalzustand erhalten. Auf größeren Planeten wie Erde oder Mars schafft die schiere Masse hohe Temperaturen, die die Mineralien verändern. In Kometen dagegen, die einst ähnlich wie die Planeten aus der Staub- und Gas-Scheibe um die Sonne entstanden, ist das Original-Material noch fast im Rohzustand erhalten.

Rosetta-Mission
:"Philae" sendet erstes Bild von Komet 67P

Nicht eine, sondern drei Landungen: Hunderte Meter soll "Philae" beim Andocken an den Kometen 67P zurück ins Weltall gedriftet sein. Dank stabiler Funkverbindung liefert die Sonde nun erste Bilder von der Oberfläche des Kometen.

Zudem stammen sie anders als die Asteroiden, die meist zwischen Mars und Jupiter unterwegs sind, aus den sehr kalten Bereichen weit draußen im Sonnensystem. Darum hat sich auf ihnen Eis gehalten, und mit ihm andere flüchtige Bestandteile. Wer einen Kometen untersucht, kann also zurückschauen in die Kinderstube des Sonnensystems vor etwa 4,6 Milliarden Jahren.

"Das Tollste wäre, wenn wir ein Stück von einem Kometen im Labor hätten", sagt Jockers vom MPS. "Dann könnten wir direkt das äußere Sonnensystem untersuchen." Das aber wäre noch teurer und anspruchsvoller gewesen; um auch das Eis zu erhalten, hätte man quasi einen Kühlschrank ins All schicken und heil zurückbringen müssen. Der Kometenklumpen auf der Erde bleibt also vorerst ein Traum. Forscher vermuten zwar, dass über dem Tunguska-Tal in Sibirien im Jahr 1908 ein Komet explodierte, aber erst 1927 erreichte eine Expedition das Zentrum der Zerstörungen. Die Bruchstücke wurden nie gefunden.

Darum behilft man sich anders. Schon vor Rosetta gab es diverse Kometen-Missionen: 1986 machte die Sonde Giotto erste Bilder des Halleyschen Kometen, 2005 beschoss die Nasa-Sonde Deep Impact den Kometen Tempel 1 mit einer Kupferkugel, um die dabei entstehende Staubwolke zu analysieren. Die Sonde Stardust flog 2003 so dicht am Kometen Wild 2 vorbei, dass sie Staub einsammeln und zur Erde bringen konnte.

Darin fanden sich stickstoffreiche organische Moleküle, die bei der Entstehung des Lebens eine wichtige Rolle gespielt haben könnten. Womöglich gelangten solche Bausteine des Lebens einst per Kometeneinschlag auf die Erde. Auch ein Teil des Wassers auf der Erde könnte von Kometen abgeliefert worden sein.

Kometen könnten noch weitere Erkenntnisse über die Anfangszeit des Sonnensystems bringen: So weiß man nicht einmal, wie durchmischt Staub und Gase im Sonnensystem waren, als Planeten und Kometen entstanden. Blieb es am äußeren Rand kalt, oder war die flache Gaswolke komplett durcheinandergewirbelt, so dass sich auch in Kometen stets Material aus dem heißen Zentrum wiederfindet? Auch scheinen viele Kometen, etwa wie Tschurjumow-Gerassimenko, aus zwei Teilen zusammengesetzt zu sein, die aneinander haften blieben. Wie so etwas aber geschieht, weiß man nicht. An offenen Fragen mangelt es also nicht in der Kometenforschung. An Antworten schon eher.

© SZ vom 13.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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