Pause für "Philae":Bis die Sonne wieder scheint

Rosetta-Mission Philae Tschuri Komet

Die Raumsonde Philae konnte bis kurz vor ihrer Selbstabschaltung noch wichtige Testergebnisse vom Kometen Tschuri senden.

(Foto: AP)

Mit dem letzten Rest Energie übermittelte die abgeschaltete Raumsonde "Philae" Analyseergebnisse von Bodenproben und maß dem Kometen 67P sogar noch die Temperatur. Die Esa-Forscher sind zuversichtlich, den erschöpften Lander wiederbeleben zu können.

Von Christopher Schrader

Philaes letzte Nacht war für alle Beteiligten sehr arbeitsreich und aufregend. Die Wissenschaftler im Darmstädter Kontrollzentrum fieberten nicht nur mit, ob die Batterie noch für die letzten Aufgaben reichen würde, sie haben dem Lander auch zukunftweisende Befehle übermittelt. Er sollte seinen Körper um einige Zentimeter anheben und um 35 Grad drehen, damit seine Solarzellen die Strahlen der Sonne etwas besser einfangen können, wenn diese mal wieder in Richtung der Sonde fallen.

Philae bekommt zurzeit nur anderthalb Stunden Sonne pro Tag. Zu wenig, um die Batterie schnell wieder zu laden. Erst in zwei Monaten, erwarten die Esa-Leute, dürfte sich der Komet der Sonne so weit genähert haben, dass sich die Situation verbessert. "Wir hoffen noch, dass wir in einer späteren Phase der Mission den Lander aufwecken und die Kommunikation wieder herstellen können", sagte Stephan Ulamec, der für Philae verantwortliche Manager des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. In der Zwischenzeit wird das Mutterschiff den Lander zweimal am Tag anrufen, aber hier auf der Erde erwartet niemand, dass Philae antworten kann.

Seit elf Uhr am Freitagmorgen hatte der Lander nicht mehr mit dem Mutterschiff Rosetta kommunizieren können. Erst um 23.19 Uhr deutscher Zeit bekamen die beiden wieder Kontakt, berichtet die Esa, erst stockend, dann aber stabil, bis sich Philae um 1.36 Uhr in der Nacht zum Samstag selbst in den Ruhezustand versetzte.

Hinweise auf Herkunft und Alter des Kometen

Vorher hatte die Sonde noch alle vorgesehenen Daten via Rosetta zur Erde übertragen. Darunter waren auch Messergebnisse von Bodenproben. Philae hatte den Bohrer SD2 eingesetzt, um den Untergrund zu untersuchen. Das Material wurde dann in Öfen erhitzt, und zwei Instrumente suchten im so erzeugten Gas einerseits nach Spuren komplexer organischer Moleküle und analysierten andererseits die genaue Verteilung der Atome auf verschieden schwere Varianten, sogenannte Isotope. Anhand solcher Profile lassen sich Herkunft und Alter des Kometen abschätzen.

Philae hat außerdem die Zeit, in der es keinen Funkkontakt mit Rosetta hatte, genutzt, dem Mutterschiff Funksignale zu senden. Das klingt zwar widersinnig, ist aber der Versuch, mithilfe der Radiosignale den Kometen quasi zu durchleuchten. Und schließlich hat Philae das Thermometer Mupus in den Untergrund gesteckt, um seinem neuen Heimatort die Temperatur zu messen. Die Wissenschaftler haben all diese Daten empfangen und werden noch lange Zeit brauchen, um sie auszuwerten. "Die Ergebnisse von Philae und Rosetta sind dabei, diese Mission zu einem Wendepunkt in der Erforschung von Kometen zu machen", sagte Matt Taylor, der für Rosetta zuständige Projektleiter der Esa.

Suche nach dem genauen Landeort von Philae

Vorläufige Ergebnisse der Bohrung und Bodenanalyse wollen die Forscher verwenden, um den genauen Landeort von Philae zu bestimmen. Die Sonde hatte zwar genau die angepeilte Stelle erreicht, war dann aber zwei Mal in unbekannte Richtung gehüpft, bevor sie zur Ruhe kam. Bei Philaes exakter Standortbestimmung sollen auch hochauslösende Fotos helfen, die Rosetta aus der Umlaufbahn geschossen hat. "Nach einer sehr aufregenden und erfolgreichen Woche nimmt sich Philae jetzt die Zeit, sich auszuruhen - und auch das Team kann jetzt wieder Atem schöpfen", sagte der technische Leiter des Landerteams des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Koen Geurts.

Philae war am Mittwochnachmittag auf dem Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenk, kurz Tschuri, gelandet. Die Batterie war für eine Energielieferung von etwa 60 Stunden programmiert, danach sollten Solarbatterien einspringen. Allerdings landete Philae an einer anderen Stelle als geplant, nämlich in einer Schrägstellung und womöglich an einem Kraterrand. Deshalb bekam er wesentlich weniger Sonnenlicht ab als geplant - und entsprechend weniger Energie liefern auch die Sonnensegel. Der Roboter könnte in den kommenden Wochen aber wieder erwachen, wenn sich der Komet der Sonne nähert.

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