Raumfahrt im Simulator:Marsspaziergang in Moskau

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Seit dem 3. Juni 2010 simuliert eine isolierte sechsköpfige Crew in einem Container in der russischen Hauptstadt den Verlauf einer realen Marsmission. Jetzt durften zwei Labor-Kosmonauten endlich ihre Spuren im künstlichen Marsstaub hinterlassen.

Alexander Stirn

Die ersten Menschen sind auf dem Mars gelandet - zumindest auf jener Version des roten Planeten, die derzeit in einem Moskauer Forschungslabor steht: 520 Tage lang simuliert dort eine sechsköpfige Crew den Verlauf einer realen Marsmission, vom Start über die achtmonatige Reise bis zur Landung. Am Montag durften der Italiener Diego Urbina und der Russe Alexander Smolejewski schließlich ihre Spuren im künstlichen Marsstaub hinterlassen.

Ein Ausflug auf die Marsoberfläche - natürlich nur im Simulator. Die Labor-Kosmonauten Diego Urbina (Italien) und Alexander Smolejewski (Russland) haben ihr Raumschiff im Moskauer Forschungslabor verlassen und erkunden die Nachbildung des Gusev-Kraters. (Foto: dpa)

Erste unscharfe Bilder, von der Europäischen Raumfahrtagentur Esa kurz nach dem Ausstieg verbreitet, zeigen zwei Menschen, die in diffusem roten Licht und eingepackt in dicke Raumanzüge durch eine Marslandschaft spazieren. Eine Stunde und zwölf Minuten dauerte der Außeneinsatz. Viel zu erkunden gab es nicht: Der Moskauer Nachbau des Gusev-Kraters ist lediglich zehn Meter lang und sechs Meter breit.

Was wie ein großer Spaß aussieht, hat einen ernsten Hintergrund: Gemeinsam wollen die Esa und die russische Raumfahrtagentur Roskosmos erkunden, wie sich Isolation und Enge während einer gut 500 Tage dauernden Marsmission auf Menschen auswirken. Deshalb folgen die Teilnehmer des Mars-500-Experiments dem gleichen Arbeitsrhythmus, der auch für Weltraumfahrer auf der Internationalen Raumstation gilt. Und deshalb werden auch alle wichtigen Ereignisse der Mission nachgespielt.

Zwei weitere Außeneinsätze stehen auf dem Programm, bevor die Landefähre am 23. Februar zu ihrem Mutterschiff zurückfliegen soll. Drei Tage später dürfen die Marsbesucher wieder ihre mit Holz verkleideten Wohnmodule beziehen. Die monotone Mission ist für sie damit allerdings noch lange nicht abgeschlossen: Weitere 200 Tage werden die sechs "Kosmonauten" in ihrer Isolationskammer verharren müssen, dieses Mal ohne das große Ziel einer Marslandung vor Augen. Erst für November ist die Landung auf der Erde geplant - und damit das Ende des Experiments.

Zeitgleich mit dem Marsspaziergang haben Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt erste wissenschaftliche Ergebnisse der Simulation präsentiert. So hatten Ärzte die sechs Probanden auf eine strenge, kochsalzarme Diät gesetzt. Ihr Blutdruck sank stärker als erwartet. Mithilfe kleiner Sender registrieren Forscher zudem, wie gut die Crewmitglieder untereinander auskommen und wer sich mit wem in den engen Räumen des 70 Quadratmeter großen Wohnmoduls aufhält. Erste Erkenntnisse: Das Beziehungsgefüge ist erstaunlich harmonisch. In der Isolation gibt es keine Isolierten.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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