Medikamente:Strategien der Pharmabranche gegen Generika

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Nachahmermedikamente, sogenannte Generika, sind vielen Pharmaherstellern ein Dorn im Auge. (Foto: dpa)

Ein Krebsarzt beschreibt, wie Unternehmen absichtlich günstige Nachahmer-Medikamente vom Markt fernhalten.

Von Werner Bartens

Kann man der Pharmaindustrie vorwerfen, dass sie Gewinne macht? Schließlich dauert die Entwicklung eines neuen Medikaments acht Jahre, und dann bleiben nur zwölf Jahre Patentschutz. Die Generika, die anschließend auf den Markt kommen, verderben den Preis für das Original. Ein Team um den Krebsarzt Hagop Kantarjian von der Universität Texas kritisiert allerdings, dass Pharmafirmen alles daransetzen, die Zulassung günstiger Nachahmerpräparate zu verzögern. Im Fachmagazin Blood beschreiben sie die Usancen der Hersteller. Gerade der Umsatz mit teuren Krebsmitteln, die pro Patient manchmal 100 000 Dollar im Jahr kosten, soll lange bewahrt werden.

"Dringend nötige Generika werden mit Absicht vom Markt ferngehalten"

Generika, die nach Ende des Patentschutzes auf den Markt kommen, haben dem Gesundheitswesen in den USA im vergangenen Jahrzehnt 1,5 Billionen Dollar gespart. "Dass Generika zeitig zur Verfügung stehen, ist eine Frage auf Leben und Tod für jene, die sich Originalpräparate aufgrund hoher Zuzahlungen oder fehlenden Versicherungsschutzes nicht leisten können", so Kantarjian. "Leider werden dringend nötige Generika mit Absicht vom Markt ferngehalten." Kantarjian beschreibt die Strategie.

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Üblich sei "Pay for Delay", Geld für Verspätung. Der Hersteller des Originals bezahlt den Produzenten des Generikums, damit dieser sein Mittel später auf den Markt bringt. Ein anderes Vorgehen besteht darin, dass der Produzent des Originals das Generikum selbst herstellt und so den Wettbewerb verzerrt. Zudem könne das eigene Generikum als Druckmittel in Verzögerungsverhandlungen dienen, nach dem Motto: Wenn ihr wartet mit eurer Marktzulassung, bringen wir unser Mittel gar nicht heraus. Manchmal wird auch ein Generikahersteller aufgekauft - und der Preis für das Mittel über Nacht vervielfacht.

"Ich sehe jeden Tag Leukämie-Patienten, die sich die Behandlung nicht leisten können"

Ein Präparat als "neu und verbessert" anzupreisen und geringfügig die Formel zu ändern, kann auch den Patentschutz verlängern. Kommt doch irgendwann das Generikum auf den Markt, kann es nicht von Apotheken ersatzweise abgegeben werden, weil die gleiche Dosierung und Zubereitung wie beim Original oft gesetzlich vorgeschrieben sind.

"Ich sehe jeden Tag Leukämie-Patienten, die sich die Behandlung nicht leisten können", sagt Kantarjian. "Die Hochpreispolitik betrifft mittlerweile auch Generika. Wir müssen aufpassen, dass der Profit der Firmen nicht auf Kosten der Bevölkerung geht." Auch in Deutschland sind die Kosten für Medikamente gestiegen. Im Arzneimittelbrief kritisieren Ärzte die nicht mehr nachvollziehbaren Preise von Krebsmitteln und Preisunterschiede zwischen europäischen Ländern. "Durch überhöhte Preise ist die solidarische Finanzierung unseres Gesundheitswesens gefährdet", schlussfolgern die Autoren.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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