Migräne:Ein Gen, das Kopfschmerzen verursacht

Lesezeit: 2 min

Wetter, Stress, Alkohol - viele Faktoren können das Kopfschmerz-Risiko erhöhen. Doch bei Migräne spielen offenbar genetische Faktoren eine wichtige Rolle.

Ein internationales Wissenschaftlerteam bietet vielen Migräne-Patienten eine Antwort auf die Frage, wieso ausgerechnet sie unter Kopfschmerzen leiden: Es liege mit großer Wahrscheinlichkeit an einer Gen-Variante, die vor allem bei den Betroffenen zu finden ist, melden die Forscher im Fachmagazin Nature Genetics.

In den Industrieländern leiden etwa eine von sechs Frauen und einer von zwölf Männern unter Migräne. (Foto: dapd)

Bereits zuvor hatten Forscher Hinweise auf Gene entdeckt, die mit seltenen und extrem schweren Migräneformen zusammenzuhängen scheinen. Nun sei dies erstmals auch für die gewöhnliche Migräne gelungen.

Die Forscher haben, "das Erbgut tausender Menschen untersucht und genetische Anhaltspunkte gefunden, die helfen könnten, die gewöhnliche Migräne zu verstehen", erklärte Aarno Palotie vom International Headache Genetics Consortium des britischen Wellcome Trust Sanger Institute.

In den Industrieländern leidet etwa eine von sechs Frauen unter Migräne, bei den Männern ist es einer von zwölf.

Für die Studie wurde das Erbgut von 2731 Migränepatienten dreier europäischer Kliniken mit dem von 10.747 gesunden Menschen verglichen. Auf Chromosom 8 identifizierten die Mediziner unterschiedliche Varianten des Gens rs1835740. Dieses Gen, so schreiben sie, dürfte der erste bekannte genetische Risikofaktor für Migräne sein. In einer zweiten Untersuchung mit 3202 Migränepatienten und 40.062 Gesunden konzentrierten sich die Forscher deshalb auf dieses Gen und seine Varianten (Allele) - und fanden ihren Verdacht bestätigt.

Zwar fiel der Zusammenhang zwischen dem Allel und den Migräne-Typen mit oder ohne die als Aura bezeichnete Wahrnehmungsstörung nicht in allen Ländern gleich deutlich aus. Trotzdem schließen die Wissenschaftler auf eine wichtige Rolle des Gens bei der Entstehung der Kopfschmerzen.

Zuviel Glutamat

Das Gen liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei weiteren Genen, für deren Funktion es möglicherweise eine wichtige Rolle spielt: PGCP und MTDH. Diese Gene sind Teil des Regelsystems von Glutamat, einem wichtigen Hirnbotenstoff, der schon lange im Verdacht steht, eine Schlüsselrolle für die Entstehung von Migräne zu spielen.

Bislang allerdings hatte niemand "eine genetische Verbindung zwischen einer Zunahme von Glutamat im Gehirn und der gewöhnlichen Migräne identifiziert", erklärt Christian Kubisch von der Universität Ulm, einer der beteiligten Forscher. Allerdings warnen die Wissenschaftler, dass weitere Studien die Ergebnisse bestätigen und andere möglicherweise beteiligte genetische Faktoren identifizieren müssten.

Außerdem seien in der aktuellen Untersuchung vor allem besonders stark leidende Klinik-Patienten berücksichtigt worden. "In Zukunft sollten wir auch nach Zusammenhängen in der Allgemeinbevölkerung suchen - auch bei Menschen, die nicht so stark betroffen sind", fordert Gisela Terwindt von der niederländischen Leiden Universität.

Die Erkenntnisse könnten möglicherweise helfen, Medikamente zu entwickeln, die die Ansammlung von Glutamat im Gehirn blockieren und so das Kopfschmerz-Risiko senken. Wann Patienten mit solchen Mitteln rechnen können, ist allerdings noch völlig offen.

© sueddeutsche.de/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: