Meinung am Mittag:Für Cannabis und Alkohol müssen ähnliche Gesetze gelten

Cannabis

Sollte Cannabis bald eine ganz normale Zimmerpflanze sein?

(Foto: Matt Masin/dpa; Bearbeitung SZ)

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert ein Ende des Cannabis-Verbots - zu Recht. Umgekehrt gehören die Regeln für andere Substanzen auf den Prüfstand, damit Alkoholismus nicht mehr achselzuckend hingenommen wird.

Kommentar von Kristiana Ludwig

Tradition ist eine der wichtigsten Triebfedern deutscher Drogenpolitik: Über ein Feierabendbier am Tag wundert sich niemand, der Wein zum Essen gehört zum guten Ton. Auch die Tatsache, dass jeder vierte Mann, der im Alter zwischen 35 und 65 Jahren stirbt, den Folgen seines Alkoholkonsums erliegt, schockiert die Wenigsten. So weit verbreitet Alkoholismus auch sein mag, so achselzuckend wird er hingenommen. Solange es um Alkohol geht, gibt es kaum einen Zweifel an einem Recht auf Rausch.

Eine andere Nachricht löst dagegen bei vielen Erstaunen aus: Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert in der Bild-Zeitung ein Ende des Cannabis-Verbots. Durch die bisher geltenden scharfen Regeln würden Konsumenten in Kontakt mit dem Schwarzmarkt kommen, argumentieren die Ermittler. Auf diese Weise könnten kriminelle Karrieren erst entstehen.

Experten gehen davon aus, dass jeder vierte Deutsche schon einmal einen Joint geraucht hat. Obwohl der Verkauf von Marihuana illegal ist, wird es in allen gesellschaftlichen Schichten erworben und genutzt. Auch das ist eine Tatsache.

Ein Abschied vom Verbot würde großangelegte Studien ermöglichen

Doch während Eltern, Lehrer und Erzieher Jugendliche über den Umgang mit Zigaretten und Alkohol aufklären können, ist das bei Cannabis schwieriger. Ein grundsätzliches Verbot verbietet auch, Jugendlichen zu empfehlen, beim Cannabis-Konsum Maß zu halten.

Es ist deshalb richtig, über eine neue Regulierung von Cannabis nachzudenken. Ein Abschied von der Verbotstradition würde großangelegte Studien ermöglichen, die gesundheitliche und gesellschaftliche Auswirkungen von Haschisch untersuchen. Sie könnten einen größeren Beitrag zum Schutz Jugendlicher und Kinder leisten als die bisherige Kriminalisierung.

Auch der Zeitpunkt wäre günstig: Für die Abgabe von medizinischem Hanf an Kranke baut die Bundesregierung derzeit ohnehin eine Cannabisagentur auf, die den Anbau von Cannabis in Deutschland organisieren und überwachen soll. Sie könnte künftig nicht nur medizinisches Cannabis liefern, sondern auch Cannabis-Produkte für andere Nutzer.

Noch wichtiger wäre es aber, auch die Regeln für andere Substanzen auf den Prüfstand zu stellen. Wenn Alkohol weiterhin billig und leicht verfügbar bleibt, widerspricht dies einer fürsorglichen Drogenpolitik. Höhere Steuern zum Beispiel wären angesichts der gesundheitlichen Folgen von Alkohol eine logische Konsequenz. Ähnlich wie beim Tabak ist hier ein Umdenken nötig. Und Drogengesetze, die sich an der Realität und nicht an Traditionen und Bräuchen orientieren.

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