Kognition bei Krähen:Gefiederte Musterschüler

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Ordnen Sie die Symbole nach Kategorien und nicht nach exakter Übereinstimmung! Das haben Sie jetzt nicht gleich verstanden? Krähen schaffen das mühelos. Über die faszinierenden geistigen Leistungen der Tiere.

Von Sebastian Herrmann

Krähen leisten das, was von Schülern stets verlangt wird: Sie lernen nicht nur auswendig, sondern wenden ihr Wissen anschließend auch an. Über die verblüffenden geistigen Transferleistungen der Vögel berichten nun Wissenschaftler um Anna Smirnova von der Moskauer Lomonossow-Univerität und Edward Wasserman von der Universität Iowa im Fachjournal Current Biology (Bd. 25, S. 11 663, 2014). Die Krähen zeigten sich bei Tests in der Lage, Karten mit abstrakten Symbolen anderen zuzuordnen, deren Zeichen ihnen nicht exakt, sondern nur als Kategorie ähnelten. Alles klar? Schon der Mensch muss sich konzentrieren, um die Aufgabe zu verstehen, die von den Vögeln gemeistert wurde.

Also Achtung: Die Forscher präsentierten zwei Aaskrähen jeweils drei kleine Becher, die mit bedruckten Karten abgedeckt waren. Die Tiere sollten jeweils die Karten identifizieren, die jener auf dem Becher in der Mitte entsprach. Auf den Karten befanden sich stets zwei Symbole: Kreise, Kreuze, Dreiecke. Wenn also auf der Karte in der Mitte zwei Kreise waren, dann musste die Krähe die andere Karte wählen, auf der sich ebenfalls zwei Kreise befanden. Zur Belohnung fanden die Tiere stets zwei leckere Würmer in den Bechern. Wenn sie die falsche Antwort wählten, gab es keinen Leckerbissen.

Die Vögel verstanden die Aufgabe binnen Augenblicken und ohne vorher zu trainieren

Dann variierten die Forscher das Experiment. Nun brachten sie verschiedene Farben ins Spiel und trainierten diese Aufgabe mit den Tieren. Auch das war kein Problem für die Krähen. Und nun stand der eigentlich Test für die Tiere an, dessen Ergebnis die Wissenschaftler so ins Schwärmen versetzt, jetzt vermischten sie sämtliche Kategorien - Farbe und Formen. Wenn in der Mitte zum Beispiel eine Karte mit zwei Kreisen lag, dann war die Aufgabe für die Krähen, die andere Karte zu identifizieren, auf der sich ebenfalls zwei gleiche Symbole befanden, etwa zwei Quadrate. Die Farben spielten dabei keine Rolle, sie waren eher zusätzliche, verwirrende Information.

Die Krähen kapierten die Aufgabe binnen Augenblicken und vor allem ohne vorheriges, spezifisches Training. Ein erweitertes Konzept von Gleichheit oder Entsprechung zu verstehen, stelle eine immense kognitive Leistung dar, schreiben die Forscher. Es handele sich um ein Wunder, schwärmt Wasserman, "denn diese Leistung kennen wir nur von Menschen und Affen, aber hier haben wir es mit einem Vogel zu tun". Und zwar mit einem Vogel, dessen Gehirn unter Vögeln so einzigartig sei, wie das der Primaten unter Säugetieren. Krähen haben Forscher in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Leistungen verblüfft. Sie verwenden Werkzeuge, um an Futter zu gelangen, sie können sich Gesichter merken und kommunizieren in komplexer Weise.

© SZ vom 22.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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