Klimawandel:2014 brachte Wärmerekord

Klimawandel: Die Klimadaten der US-Wetterbehörde Noaa von 2014 zeigen, in welchen Regionen die Temperaturen besonders stark vom langfristigen Mittelwert abwichen. Deutschland gehörte zu den extremen Ausreißern.

Die Klimadaten der US-Wetterbehörde Noaa von 2014 zeigen, in welchen Regionen die Temperaturen besonders stark vom langfristigen Mittelwert abwichen. Deutschland gehörte zu den extremen Ausreißern.

(Foto: NOAA)
  • Das Jahr 2014 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1880.
  • Die Durchschnittstemperatur über Land und Meeren lag um 0,69 Grad Celsius höher als die mittlere Temperatur des 20. Jahrhunderts, 13,9 Grad Celsius. Die US-Klimabehörde NOAA gab die neuen Zahlen bekannt.
  • Neun der zehn wärmsten Jahre liegen damit im 21. Jahrhundert. Eine Trendwende ist bislang nicht zu erkennen.

Von Christopher Schrader

Der Dezember hat dann alles klargemacht: Wie der Schlussläufer einer Weltklasse-Staffel hat der Monat den Vorsprung nicht nur gehalten, sondern sogar ausgebaut. 2014 geht daher als wärmstes Jahr in der Geschichte der Aufzeichnung seit dem späten 19. Jahrhundert ein. Die amerikanische Wetterbehörde Noaa hat am Freitag bestätigt, was nach vorläufigen Daten seit Mitte November erwartet wurde. Demnach lag die globale Durchschnitts-Temperatur 2014 bei 14,6 Grad Celsius, 0,69 Grad über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. Der Abstand zum bisherigen Spitzenreiter, dem Jahr 2010, beträgt zwar nur 0,04 Grad, liegt also in der zweiten Nachkommastelle. Doch Führungswechsel in dieser Statistik hat es bisher stets mit kleinen Differenzen von weit weniger als einen Zehntelgrad gegeben: gemessen daran hat 2014 einen relativ komfortablen Vorsprung erzielt.

Auch in der Einzelkritik kann das Jahr glänzen. Es gab eigentlich nur einen Durchhänger, den Februar. Aber sieben Monate waren die jeweils wärmsten der Statistik: April bis Juni, August bis Oktober und Dezember. Angetrieben wurde die Rekordwärme vor allem durch die Weltmeere, die seit Mai bis November durchgehend den Spitzenplatz der Statistik eingenommen haben; der Dezember kam hie auf Platz 3. Die Daten anderer Agenturen bestätigen die Auswertung der Noaa. Die japanische Wetteragentur hatte schon von zehn Tagen den Rekord für 2014 verkündet, am Freitag reihte sich auch ein Institut der Nasa ein.

Neun der zehn wärmsten Jahre lagen im 21. Jahrhundert

Die Berechnung der globalen Durchschnittstemperatur ist ein schwieriges Unterfangen. Wetterstationen auf dem Land sind nicht regelmäßig und erst recht nicht wirklich global verteilt. Viele sind seit ihrer Gründung verlegt oder von Ortschaften umschlossen worden, in denen es tendenziell wärmer ist als auf Ackerland. Vom Meer wiederum gibt es nur relativ wenige Daten, gemessen an der enormen Fläche. Und manche Agenturen stützen sich ohnehin auf Satellitendaten, die aber erst seit den 1970er-Jahren vorliegen. Daraus eine Zahl zu destillieren, erfordert eine Behandlung der Roh-Daten, die die Saucenrezepte von Spitzenköchen an Komplexität weit übertreffen. Es ist daher normal, dass sich verschiedene Agenturen in Details bis hin zur Reihenfolge der Spitzenjahre leicht widersprechen - umso bemerkenswerter ist es, wenn sie sich einig sind.

Flankiert wird der globale Rekord von vielen regionalen und nationalen Spitzenwerten. Für ganz Europa hatte vor kurzem die niederländische Agentur KNMI ein Rekordjahr verkündet, für Deutschland der Deutsche Wetterdienst. Hier war die mittlere Temperatur zum ersten Mal zweistellig, und zwar gleich deutlich mit 10,3 Grad Celsius. Auch die Briten, Franzosen, Spanier, Belgier und andere meldeten Rekorde.

Dass 2014 den Rekord erreicht hat, besagt für sich allein wenig über den Klimawandel. Wichtiger ist, dass in der Spitzengruppe der Temperaturstatistik auch viele der unmittelbaren Vorgänger stehen: Von den zehn wärmsten Jahren lagen neun im 21. Jahrhundert. Der eine Ausreißer ist 1998.

Erstaunlich ist der globale Rekord für 2014 auch deswegen, weil das Jahr keinen Anschub von einem sogenannten El-Niño-Phänomen bekommen hat. Das ist eine großräumige Verschiebung von Temperaturen und Druckverteilungen im Pazifik, die in den Amerikas und Ostafrika auch Regenmuster verändert. In der globalen Statistik führt sie zur Erwärmung. 1998 war ein El Niño zum Beispiel dafür verantwortlich, dass das Jahr den Rekord errang, und sich dabei in ungeahnte Höhen über dem Verlauf der Temperaturen in den 1990er-Jahren erhob. Die Japaner führen 1998 noch immer auf dem zweiten, die Amerikaner von der Noaa auf dem vierten Platz. Im Jahr 2014 zeigte der Pazifik nur Tendenzen zum El Niño-Phänomen, erfüllte die Kriterien bisher aber nicht.

Viel Wärme könnte auch in die Ozeane geflossen sein

Dieses Detail ist wichtig, weil Kritiker der etablierten Klimaforschung - oft "Klimaskeptiker" genannt - die Temperaturstatistik oft genutzt haben, um Zweifel an der Realität des Klimawandels zu verbreiten. Die Entwicklung zeige ja, dass der Temperaturanstieg keinesfalls so dramatisch sei, wie Wissenschaft und Politik immer behaupteten. Auch der Weltklimarat IPCC hat anerkannt, dass die Thermometer seit 1998 wesentlich weniger stark angestiegen sind als zuvor. Dass die Erwärmung zum Stillstand gekommen sei, sagt aber kein ernst zu nehmender Wissenschaftler. Der IPCC hatte in seinem Bericht im vergangenen Jahr etliche Erklärungen gegeben, wohin die Wärme geflossen sein könnte, so dass sie nicht mehr zur ständigen Aufheizung der Atmosphäre zur Verfügung stand. Das waren keine Spekulationen oder Ausflüchte, sondern durch Daten gestützte Hypothesen. Im Wesentlichen ging es um eine Erwärmung des Meeres. Womöglich fließt also nun ein Teil dieser Wärme zurück in die Luft, ohne dass sich das mit dem etablierten Muster von El Niño erklären ließe.

Dass Klimaskeptiker nun in großer Zahl umdenken, ist dennoch nicht zu erwarten. Schon als 2010 einen Rekord erreichte, hatte das keinen erkennbaren Einfluss auf sie gehabt.

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