Astronomie:Fremde Welt im Sternbild des Schwans

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Das Weltraumteleskop "Kepler" hat ein 2000 Lichtjahre entferntes Sonnensystem mit sechs Planeten entdeckt. Das Sextett könnte Einblicke in die Entstehung solch komplexer Systeme geben.

Alexander Stirn

Stolze Sechs Planeten hat ein fremdes Sonnensystem, das die amerikanische Raumsonde Kepler etwa 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt aufgespürt hat. Ein erdähnlicher Planet ist zwar nicht dabei, aber das Sextett könnte Astronomen wichtige Einblicke in die Entstehung solch komplexer Systeme geben. Gleichzeitig sind die Kepler-Forscher ihrem großen Ziel, der Entdeckung einer zweiten Erde, einen Schritt näher gekommen. Das Weltraumteleskop hat die Zahl der möglichen Planeten um 400 erhöht.

So viele Details wie diese Illustration liefert noch kein Teleskop aus den Tiefen des Weltraums. Die Nasa beauftragt daher Künstler, um phantasievolle, wenn auch plausible Abbildungen neu entdeckter Welten zu erstellen. So auch im Fall des Planetensystems Kepler-11. (Foto: Nasa/Ames/JPL-Caltech/T. Pyle)

Seit seinem Start im März 2009 blickt das Kepler-Weltraumteleskop starr auf eine Region in den Sternbildern Drache, Leier und Schwan. Gut 150.000 ferne Sonnen behält es dort fortwährend im Blick. Zeigt einer dieser Sterne Schwankungen seiner Helligkeit, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass Planeten vor ihm vorbeiziehen. Astronomen müssen die Beobachtungsdaten dann von Hand analysieren und überprüfen, ob es sich um ein Planetensystem handelt. Die Stärke der Verdunkelung verrät ihnen dabei den Durchmesser möglicher Trabanten, der Rhythmus der Lichtschwankungen gibt Rückschlüsse auf die Umlaufzeit.

Bei Kepler-11, wie das nun entdeckte und im Fachblatt Nature vorgestellte System getauft wurde, hatten die Astronomen besonders viel zu tun. Fünf der sechs Planeten umkreisen ihren Zentralstern in weniger als 50 Tagen und damit auf engeren Umlaufbahnen als Merkur, der innerste Planet unserer Sonne. Die beiden schnellsten Trabanten brauchen sogar nur zehn und 13 Tage für einen Umlauf. Lediglich der äußerste Planet zeigt eine Periode von 118 Tagen.

Normalerweise gibt die bei Kepler verwendete Transitmethode keinen Aufschluss über die Massen von Himmelskörpern. Da sich die sechs fernen Planeten aber gegenseitig anziehen und dabei an ihren Umlaufbahnen zerren, konnten die Astronomen anhand dieser Variationen auch die Massen abschätzen.

Der fünfte Planet ist demnach der leichteste, er misst lediglich 2,3 Erdmassen. Allerdings hat er eine äußerst geringe Dichte. Bei ihm und seinen zwei Nachbarplaneten dürfte es sich somit um Gasbälle vergleichbar dem Jupiter handeln.

Astronomisch interessanter sind die beiden innersten Himmelskörper: Ihre chemische Zusammensetzung scheint Neptun zu ähneln, vielleicht sind es aber auch sogenannte Super-Erden, die sich aus Fels und Gas zusammensetzen. "Es ist jedenfalls ein Typ von System, das wir bislang nicht gesehen haben", sagt Jack Lissauer, Spezialist am Ames Research Center der US-Raumfahrtbehörde Nasa .

Auch wenn unter den neuen Himmelskörpern kein erdähnlicher Planet entdeckt werden konnte, erhoffen sich die Kepler-Forscher doch neue Erkenntnisse über die Entstehung von Strukturen, die unserem Sonnensystem ähneln.

So gilt es als unwahrscheinlich, dass die inneren Planeten von Kepler-11 an ihrer heutigen, extrem sonnennahen Umlaufbahn entstanden sind. Vielmehr dürften sie sich kurz nach Aufleuchten ihres Sterns in dessen staubigen Außenregionen geformt haben, bevor sie abgebremst wurden und nach Innen drifteten. Dies spräche für die Theorie, nach der sich Planetensysteme in den Staubscheiben junger Sterne bilden.

Die Suche nach einer zweiten Erde nimmt dank Kepler Fahrt auf. Insgesamt 306 Exoplaneten-Kandidaten hat die Nasa im vergangenen Juni vorgestellt, in dieser Woche kamen 400 weitere hinzu, die auf Verdunklungen zurückgehen, die Kepler gemessen hat. Die Forscher schätzen, dass sich etwa die Hälfte davon als Planeten entpuppen könnte. Sicher bestätigt hat Kepler bislang - inklusive der neuesten Funde - allerdings nur 15 außerirdische Planeten.

© SZ vom 03.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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