Artensterben:Jede fünfte Wirbeltierart bedroht

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Jedes Jahr klettern 52 Säugetiere, Vögel und Amphibien auf der Gefährdungsskala der Roten Liste einen Schritt nach oben, warnen Wissenschaftler und die Weltnaturschutzunion (IUCN).

Mehr als jede fünfte Wirbeltierart weltweit ist vom Aussterben bedroht. Zu diesem Ergebnis kommen die Weltnaturschutzunion (IUCN) und eine internationale Forschergruppe im Fachjournal Science. Sie präsentieren die Studie auf der UN-Artenschutzkonferenz in Japan.

Die Säbelantilope gehört zu den stark gefährdeten Tieren, die man kaum übersehen kann. Viele Arten auf der Roten Liste sind weniger auffällig - aber nicht weniger schützenswert. (Foto: AFP/Guillaume Roques Rogery)

Die Erkenntnisse sind alarmierend: Insgesamt 52 Säugetiere, Vögel und Amphibien klettern jährlich auf der Gefährdungsskala der Roten Liste einen Schritt nach oben.

"Ein kleiner Schritt nach oben auf der Liste ist ein riesiger Sprung in Richtung Aussterben", warnt der amerikanische Ökologe und Harvard-Professor Edward O. Wilson. Seiner Ansicht nach zeigt die Studie nur einen winzigen Ausschnitt des Artenverlustes der gesamten Tier- und Pflanzenwelt.

Eine Hauptursache des Artenrückgangs ist die Zerstörung von Lebensräumen. Besonders dramatisch sei der Einbruch der Tierarten in Südostasien, wo Palmölplantagen und Reisfelder immer mehr Urwaldfläche verschlingen.

Die Studie dokumentiert aber auch, dass die Anstrengungen im Umweltschutz der vergangenen Jahre weltweit Früchte tragen. So galt etwa der kalifornische Kondor schon als ausgestorben. In den 80er Jahren gab es nur noch wenige Individuen in Gefangenschaft.

Durch ein umfangreiches Zucht- und Auswilderungsprogramm kreisen in diesem Jahr wieder rund 200 Exemplare in freier Natur. Nur für den Schwarzfußiltis und das Przewalski-Pferd sei eine derart erfolgreiche Wiederansiedlung auch gelungen.

Auf der UN-Artenschutzkonferenz sicherte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) zehn Millionen Euro für den Erhalt tropischer Wälder zu. Das Geld soll in einen Fonds der Weltbank eingespeist werden, aus dem Projekte in Tropenländern zum Walderhalt gefördert werden sollen.

Das Umweltministerium werde zudem eine Studie in Auftrag geben, die den ökonomischen Wert der biologischen Vielfalt in Deutschland bewerten soll, so Röttgen.

Wie stark die Regenwälder tatsächlich bedroht sind, berichteten vier indonesische Umweltschützer auf einer Pressekonferenz bei der Umweltstiftung WWF in Berlin. Als "Augenzeugen" erklärten sie, wie es den großen Holzfirmen auf der Insel Borneo gelang, innerhalb von 20 Jahren rund 850.000 Hektar Regenwald zu fällen.

"Wir dachten; da öffnet sich ein Markt - warum sollten wir also am Gewinn nicht teil haben?", berichtete ein einst illegaler Holzfäller. Jetzt fordern die indonesischen Umweltschützer die deutschen Verbraucher auf, beim Kauf von Tropenholz auf ein Zertifikat zu achten, wie etwa das FSC-Siegel. So könnten auch die Menschen in Deutschland dazu beitragen, den Regenwald zu schützen.

Ein Zusammenschluss aus mehreren Umweltorganisationen sieht die UN-Artenschutzkonferenz kurz vor dem Scheitern - und warnt die deutsche Delegation erneut davor, in Nagoya nicht als Bremser aufzutreten.

"Von der Vorreiterrolle, die Deutschland so gerne für sich beansprucht, ist hier nichts zu sehen", meint Jürgen Meier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Vor allem beim Protokoll zum Stopp der Biopiraterie müsse Deutschland einen Schritt auf die Entwicklungsländer zugehen. Den Umweltorganisationen zufolge hängen vom Erfolg des Protokolls alle anderen Beschlüsse in Nagoya ab.

Im Biopiraterie-Protokoll geht es um die gerechte Aufteilung der Gewinne aus biologischen Wirkstoffen, die etwa für medizinische oder kosmetische Produkte genutzt werden. Nach einem aktuellen Bericht der Welternährungsorganisation (FAO) ist auch die genetische Vielfalt vieler Nutzpflanzen in Gefahr.

Faktoren wie Abholzung, Überweidung und das Bevölkerungswachstum würden der Nahrungsgrundlage des Menschen zusetzen. Nach FAO-Angaben wird die Welt in vier Jahrzehnten doppelt so viele Nahrungsmittel produzieren müssen wie im Jahr 2000 - dies aber mit weniger Wasser.

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