Artenschutz:Die Rückkehr des Edelkrebses

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Krebspest, Gewässerverschmutzung und ein Krieg der Krebse: Der Edelkrebs ist von allen Seiten bedrängt - und mittlerweile vom Aussterben bedroht. Nun siedeln Biologen die Krustentiere wieder in deutschen Flüssen an.

Von Kai Althoetmar

Der Schatz liegt zwischen Pestwurz und Brennnesseln im Bach. Von dort zieht der Gewässerbiologe Harald Groß eine Art löchriges Überraschungsei aus Plastik an Land und lässt daraus zwei Edelkrebse in eine Wanne purzeln. Die seltenen Scherentiere sind im Naturschutzgebiet Schafbach in der Eifel aufgewachsen - und Zeugnis einer erfolgreichen Wiederansiedlung.

Etwa 1000 Edelkrebse haben Groß und seine Mitstreiter in drei Bächen der Region ausgesetzt. Flusskrebse sind anspruchsvoll, was ihre Umgebung angeht, doch das Gebiet rund um den Eifeler Schafbach scheint ihnen zu gefallen. Die Fichten wurden abgeholzt, stattdessen entstand ein Auenwald mit mehr Schatten und kühleren Temperaturen. Langsam mäandert der Bach, das Totholz bleibt liegen, auch das mögen die Krebse.

Der Edelkrebs, auch Europäischer Flusskrebs genannt, war in Mitteleuropas Binnengewässern einst weit verbreitet. Dann dezimierte eine Infektion, die Krebspest, die Bestände. Den Seuchenzug hatten eingeschleppte amerikanische Flusskrebsarten ausgelöst, bis heute hat er kein Ende gefunden. Die einst großen Bestände der Europäischen Flusskrebse sind zu Restvorkommen geschrumpft. In Deutschland konzentrieren sich die vom Aussterben bedrohten Edelkrebse auf kleine Vorkommen in isolierten Gewässern und Oberläufen. "Ein großer Teil geht auf Ansiedlungsprojekte zurück", sagt Groß.

Krieg der Krebse

Drei eingeschleppte nordamerikanische Krebsarten, die selbst gegen die Krebspest weitgehend immun sind, machen sich in diesem Krieg der Krebse über die Gewässer der einheimischen Flusskrebse her. Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Kamberkrebs und Signalkrebs heißen die Invasoren, dazu gesellt sich der aus Osteuropa stammende Galizierkrebs.

Der Kamberkrebs lebt heute in fast allen größeren Flüssen und Kanälen und ist längst Deutschlands häufigste Flusskrebsart. Auch ohne die Infektion würden die amerikanischen Krebse die heimischen Verwandten verdrängen. Sie sind aggressiver, wachsen schneller und haben mehr Nachkommen als die Alteingesessenen.

Zu der Malaise der heimischen Krebse trägt auch die jahrzehntelange Schädigung der Gewässer bei. Denn so anspruchslos die Krustentiere bei der Nahrung sind, so sehr brauchen Krebse saubere und versteckreiche Bäche mit naturnahen Uferstreifen, frei von Gülle, Kunstdünger und Pestiziden. Befestigte Bäche aber erhöhen die Fließgeschwindigkeit und verlieren an Selbstreinigungskraft.

Heute mühen sich Staat und Naturschützer, solche Fehler rückgängig zu machen. Bachsohlen werden mit Fels, Kies und Sand renaturiert, Bachläufe von Fichten befreit und heimische Krebse wieder angesiedelt. Im Oberen Ahrtal in der Eifel haben Groß und seine Mitstreiter Edelkrebse in kleinen Teichanlagen vermehrt und dann in Seitenbächen der Ahr wieder angesiedelt. Flächendeckend wird das nicht mehr möglich sein, denn mehrere Eifelflüsse hält bereits der Signalkrebs besetzt.

Auch der zehn Zentimeter kleine Steinkrebs - eine der Edelkrebsarten - soll im Nationalpark Eifel wieder angesiedelt werden. Drei Bäche haben sich Naturschützer dafür ausgeguckt. Klein, quellnah und frei von anderen Krebsen und durch eine Barriere vor der Konkurrenz geschützt müssen die Gewässer sein.

Frühestens von 2015 an sollen drei Jahre lang jährlich 300 Steinkrebse in jeden der Bäche eingesetzt werden. "Hier im Lorbach wird es funktionieren", sagt Anika Poetschke von der Biologischen Station Städteregion Aachen. Der Bach plätschert zwischen Birken und Bombenkratern aus dem Krieg und versickert vor Ende seines Laufs, um sich unterirdisch in den Urftstausee zu ergießen. "Der Signalkrebs hat hier keine Chance. Krebssperren brauchen wir nicht", sagt Poetschke. Zudem gibt es im Lorbach keine Forellen, damit scheidet auch ein wichtiger Fressfeind aus.

© SZ vom 07.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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