USA: Wirtschaftspolitik:Amerika und der Blick nach Osten

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Hohe Arbeitslosigkeit, hohe Schulden, ein angeschlagener Präsident: Die ökonomische Stärke der USA ist dahin - und kehrt auch nie mehr zurück. Doch für die Weltwirtschaft ist die Krise der einstigen Lokomotive kein Drama.

Catherine Hoffmann

Das haben sich die USA selbst eingebrockt: Wachstum nur auf Pump, Absturz und Arbeitslosigkeit. Seit vielen Jahren lebt Amerika über seine Verhältnisse. Chinesischer Konsumverzicht ermöglichte es der Weltmacht, mit geliehenem Geld neue Häuser zu bauen, Aktien zu kaufen und Shopping zu machen. Dann brachte die Finanzkrise dem Boom ein jähes Ende.

Die wirtschaftliche Macht der USA - im Bild die Freiheitsstatue vor New York - bröckelt mehr und mehr. (Foto: REUTERS)

Zwar ist die tiefe Rezession inzwischen überwunden. Doch der lahme Aufschwung bringt kaum neue Jobs. Es geht nicht voran - trotz billigen Geldes und eines 800 Milliarden Dollar teuren Konjunkturpakets. Auf diese Situation ist das Land nicht vorbereitet. Bei den Zwischenwahlen triumphierten nun die Republikaner. Ohne sie bekommt US-Präsident Barack Obama kein Gesetz mehr durch.

Die Schwäche des einstigen Kraftzentrums der Weltwirtschaft ist bedauerlich. Ein Drama ist sie aber vor allem für die Amerikaner. Europa hat sich längst an eine neue Konjunkturlokomotive gehängt: China und andere aufstrebende Volkswirtschaften. Dort wird das Geld nicht verjubelt, sondern gespart, die Konjunktur boomt, die Konsumenten sind hungrig, der Ehrgeiz der Unternehmer ist groß.

Noch sind die USA größte Volkswirtschaft der Welt. Doch es findet eine Machtverschiebung statt, weg von Amerika, hin zu China und anderen Wachstumsriesen wie Indien und Brasilien. Gemeinsam mit Russland leisten diese vier Nationen schon seit zehn Jahren einen größeren Beitrag zum globalen Wachstum als die USA. Vor allem China hat in der Krise dafür gesorgt, dass die Weltwirtschaft wieder in Schwung kommt. Das bedeutet nicht, dass die USA irrelevant geworden sind. Wenn es dort zur Rezession kommt, würden das alle spüren. Nur die alte Lehre, wenn die USA nicht wachsen, wächst die Welt nicht, die stimmt nicht mehr.

Deutsche Unternehmen haben die Zeichen der Zeit längst erkannt: Nicht nur Dax-Konzerne, auch schwäbische Mittelständler produzieren in China, profitieren von seiner Stärke, exportieren ihre Autos und Maschinen mit großem Erfolg. So groß, dass sogar die Dax-Chefs staunen. Die Ausfuhren Richtung China schießen durch die Decke. Geht das so weiter, wird die Volksrepublik bald die USA und Frankreich als wichtigste Handelspartner Deutschlands überholen.

Aber taugen die Entwicklungsländer dauerhaft zum Wachstumsmotor der Weltwirtschaft? Gründe für den Optimismus gibt es viele: solide Finanzen, großes Aufholpotential, gewaltige Bevölkerung. Und Vorbilder für die Aufholjagd Chinas gibt es in Asien zuhauf: Korea, Singapur und Taiwan haben es geschafft. Ihr Wohlstand kommt dem der Industrieländer schon sehr nahe. Warum sollte das nicht auch China und Indien gelingen? Wenn nicht alle Zeichen trügen, verschiebt sich der Schwerpunkt der Weltwirtschaft Richtung Asien - und das mit Macht. Der Westen kann die Kraft der Globalisierung gar nicht überschätzen.

Ein starkes China ist gut für Amerika

Nun wettert Obama gegen die chinesische Wechselkurspolitik, dabei sollte er lieber anerkennen, mit welchem Geschick die neue Wirtschaftsmacht ihr Land und die Welt aus der Krise gesteuert hat. Die USA müssen ein starkes China nicht fürchten - im Gegenteil: Es ist gut für Amerika. So wie es gut ist für Deutschland und das übrige Europa als Zugpferd für den Aufschwung und Ansporn für die Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Gerade das deutsche Wirtschaftswunder weckt Begehrlichkeiten in den USA: Dort versucht man, den Export anzukurbeln mit lockerer Geldpolitik. Doch die allein kann die Probleme nicht lösen. Schlimmer noch: Sie birgt die Gefahr von neuen Spekulationsblasen und nährt die Inflationsangst, statt Investitionen zu ermutigen. Die Geldpolitik hat ihren Job getan: Sie hat die folgenschwere Lehman-Pleite bewältigt. Viel mehr kann man von ihr nicht erwarten.

Nun muss Amerika versuchen, Stärken zurückzugewinnen, die es im Wettstreit mit Asien verloren hat. Die USA vertrauten zu lange auf schuldenfinanzierten Konsum, haben das Sparen eingestellt, Fabriken ins Ausland verlagert und billige Waren eingeführt. Angestammte Industrien sind gestorben, neue Jobs entstanden andernorts. Im Kampf gegen den Abstieg muss sich Amerika auf seine Glanzzeiten besinnen: Der Wohlstand des Landes beruhte auf unternehmerischer Initiative, Optimismus, Erfindergeist und freiem Handel.

© SZ vom 04.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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