EZB-Ratsmitglied deutet weitere Zinssenkung an:Inflation, was kümmert uns die Inflation?

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Inflationsgefahr hin, Inflationsgefahr her: Mitglieder des EZB-Rates halten eine weitere Zinssenkung im Dezember für wahrscheinlich. Die Europäische Zentralbank nähert sich mehr und mehr der Strategie ihres amerikanischen Pendants an.

In der Krise könnten in der Euro-Zone amerikanische Verhältnisse einziehen, was die Strategie der Notenbanker angeht. Denn es gibt in der Europäischen Zentralbank (EZB) Überlegungen, den Leitzins im Dezember zum zweiten Mal in Folge zu senken - sollten sich die Konjunkturaussichten weiter verdüstern.

"Wenn der aktuelle Trend anhält, dann wird wahrscheinlich eine weitere Zinssenkung folgen", zitierte die belgische Zeitung De Tijd EZB-Ratsmitglied Luc Coene, der auch Chef der belgischen Zentralbank ist. Sollte die EZB den derzeitigen Zinssatz von 1,25 Prozent auf ein Prozent senken, kämen Banken, und damit auch andere Unternehmen, noch billiger an Geld. Davon versprechen sich die Währungshüter, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt. Kritiker warnen davor, dass das billige Geld die Inflation anheizen könnte.

Zuletzt war der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte im April bei einem Prozent gelegen. Im April und Juli hatte ihn der damalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet angehoben.

Trichets Nachfolger Mario Draghi hingegen gilt als Verfechter einer Niedrigzinspolitik: Ein Zinssenkung im Dezember wäre die zweite nacheinander. Erst Anfang November hatte Draghi in einer seiner ersten Amtshandlungen den Leitzins von 1,5 Prozent auf 1,25 Prozent reduziert. Die Inflationsrate von etwa drei Prozent in der Euro-Zone spreche nicht dagegen, argumentierte Draghi damals - obwohl gemäß der EZB-Prinzipien nur bis zu raten von zwei Prozent von Preisstabilität gesprochen wird. Und eigentlich müsste die EZB dagegen ankämpfen, wenn die Inflation die Drei-Prozent-Marke überschreitet.

Die EZB nähert sich mit der Strategie den niedrigen Zinsen der US-amerikanischen Notenbank Fed an. Deren Chef Ben Bernanke will Stagnation beim Wachstum um jeden Preis verhindern - und riskiert dafür sogar Inflation: Der Fed-Zinssatz liegt noch deutlich unter dem europäischen, bei 0,0 bis 0,25 Prozent.

Die meisten Analysten gehen derzeit davon aus, dass die Chancen für eine Zinssenkung auf ein Prozent im Dezember bei 50 zu 50 stehen. In der Schuldenkrise setzt die EZB neben Zinssenkungen auch auf den Kauf von Staatsanleihen überschuldeter Euro-Staaten. Diesen soll es so ermöglicht werden, sich billiger Geld zu leihen. Das Programm ist allerdings umstritten: Vor allem aus Deutschland kommt Kritik.

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