Streit um EZB-Anleihekäufe:Dobrindt schürt Angst vor "toxischem Schock"

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Finger weg von Fäulnispapieren - das fordert CSU-Generalsekretär Dobrindt von der Europäischen Zentralbank. Dem neuen EZB-Chef Draghi unterstellt er, dort "italienische Verhätnisse" einzuführen. Dobrindts Lösungsvorschlag: mehr Macht für Deutschland.

Gelddruckmaschine, Alchemie oder gar Big Bazooka: Geht es um den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB), fahren Politiker verbal schweres Geschütz auf. CSU-Generalsekretär und -Lautsprecher Alexander Dobrindt hat dieser Metaphernsammlung ein neues Bild hinzugefügt: Leihe die EZB überschuldeten Euro-Staaten wie Italien auf diesem Weg weiterhin viel Geld, drohe ein "toxischer Schock".

Die Europäische Zentralbank - hier das Hauptquartier in Frankfurt -  ist vergangene Woche in den Mittelpunkt der Debatten um die Schuldenkrise geraten. (Foto: dapd)

Dobrindt kritisierte den neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi massiv. Der habe "einen hoch problematischen Einstand hingelegt, indem er den Ankauf von Schuldentiteln aus Krisenstaaten drastisch beschleunigt hat", sagte Dobrindt der Zeitung Die Welt. "Wer sich mit Fäulnispapieren zudeckt, bekommt irgendwann einen toxischen Schock." Draghis Entscheidungen würden die Gefahr einer Inflation erhöhen. "Er könnte der teuerste EZB-Präsident aller Zeiten werden."

Der CSU-Generalsekretär forderte ein größeres Stimmgewicht Deutschlands in der EZB. "Wir tragen fast 30 Prozent der finanziellen Verantwortung, haben aber nur so viel Gewicht wie jedes andere Euro-Land", sagte er. "Dabei kann es nicht bleiben." Seine Partei hätte einer Zentralbank "niemals zugestimmt, wenn wir geahnt hätten, dass dort einmal italienische Verhältnisse einziehen".

Mit seiner Kritik an den Anleihekäufen liegt Dobrindt auf der Linie von Bundesregierung und Bundesbank: In Berlin und Frankfurt hält man nichts davon, die Notenbank als Feuerwehr in der Krise einzusetzen. Sie sehen darin eine unerlaubte Vermischung von Geldpolitik und Finanzpolitik. Die Regierungen müssten sich um die Staatsschulden kümmern, nicht die Zentralbank.

Regierungen von angeschlagenen Ländern wie Frankreich und Spanien sind für die Anleihekäufe. Beide Staaten leiden unter der Skepsis von Investoren. Für die Regierungen wird es immer teurer, Staatsanleihen zu verkaufen und sich so neues Geld zu leihen. Sie müssen immer höhere Zinsen bieten, um an frisches Kapital zu kommen. Deshalb springt seit 2010 die EZB ein: Damals begann sie, Staatsanleihen überschuldeter Staaten wie Griechenland und Portugal zu kaufen und so die Zinsen zu drücken.

Anleihen für mehr als 180 Milliarden Euro gekauft

Wirtschaftsminister Philipp Rösler bekräftigte die ablehnende Haltung der deutschen Regierung: "Es kann nicht Aufgabe der EZB sein, Anleihen zu kaufen, damit die Zinsen sinken. Dazu haben wir den Rettungsschirm EFSF. Hier hat Deutschland - anders als bei der EZB - ein Vetorecht", sagte er der Zeitung Schleswig-Holstein am Sonntag. Auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann ist gegen die Käufe. Er sitzt im Rat der EZB.

Rösler sagte, der EFSF vergebe Hilfskredite "gegen klare Bedingungen, sprich Reformen. Das ist entscheidend". Nur wenn die betroffenen Staaten genügend eigene Anstrengungen zum Schuldenabbau unternähmen, könnten die Zinsen für alle Euro-Staaten langfristig wieder sinken.

EZB-Chef Draghi nimmt gar keine wesentlich andere Position als Rösler und Dobrindt ein - sagt er zumindest. Am Freitag hatte er sich gegen den Druck aus der Politik verwahrt: Die EZB bleibe unabhängig, sagte der Italiener. Ihre Hauptaufgabe sei es, die Inflation einzudämmen. Allerdings hat die EZB seit Mai 2010 Anleihen von Schuldenstaaten wie Griechenland und zuletzt auch Italien gekauft, um die Zinsen für deren Schulden niedrig zu halten. Nach eigenen Angaben hat die EZB Staatspapiere im Volumen von mehr als180 Milliarden Euro in ihren Büchern.

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