Verhandlungen über Schuldenschnitt:Euro-Gruppe will Griechenlands Gläubigern Zinsen diktieren

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Kein Vertrauen in die Durchsetzungsfähigkeit Griechenlands: Die Euro-Länder mischen sich in die Verhandlungen der griechischen Regierung mit privaten Gläubigern ein. Der Chef der Euro-Gruppe Juncker hat klare Vorstellungen, wie viel Zinsen Banken und Versicherungen nach einem Schuldenschnitt noch bekommen sollen - deutlich weniger, als diese fordern.

Man kann klare Positionen auch unklar ausdrücken. Jean-Claude Juncker musste den Journalisten in der Nacht noch einmal erklären, was er mit "jenseits der 3,5 Prozent" meint: weniger als 3,5 Prozent. Diesen Zinssatz für neue griechische Anleihen forderte der Chef der Euro-Gruppe auf einer Pressekonferenz in Brüssel. Er liegt deutlich unter den vier Prozent, die Banken und Versicherungen verlangen.

Es geht um die bis 2020 laufenden griechischen Staatspapiere, die Banken und Versicherungen bekommen sollen, wenn sie im Gegenzug auf die Hälfte ihrer Forderungen aus kürzer laufenden Anleihen verzichten. Die Regierungen der Euro-Zone glauben offenbar nicht mehr, dass Griechenland sich in den Verhandlungen mit den Gläubigern durchsetzen kann - und intervenieren deshalb.

Die Zinsen müssten niedrig sein, damit Griechenland von seinem Schuldenberg herunterkomme, sagte auch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. "Dass die Banken damit keine große Freude haben, ist uns bekannt, aber eine Pleite wäre wesentlich teurer."

Athen will den Schuldenschnitt bis zum 13. Februar unter Dach und Fach haben. Bis dahin solle ein formelles Angebot an die Banken auf dem Tisch liegen und feststehen, wer sich daran beteilige. Am Wochenende hatte sich nach Angaben aus der griechischen Regierung der Internationale Währungsfonds (IWF) eingemischt und die Verhandlungspartner aufgefordert, sich auf einen Zinssatz von drei statt vier Prozent zu einigen. Jedes Zehntelprozent ist für beide Seiten Milliarden wert.

Die EU-Finanzminister haben sich in Brüssel auf den dauerhaften Rettungsschirm für Euro-Länder, den ESM, geeinigt. Er wird ein Volumen von 500 Milliarden Euro haben. Viele Länder und der IWF hätten gern mehr Geld im ESM gehabt, doch Bundeskanzlerin Angela Merkel sperrt sich noch dagegen.

Am Rande des Treffens sprach der niederländische Minister Jan Kees de Jager davon, dass die privaten Gläubiger auch zu einem Schuldenschnitt gezwungen werden könnten. Im vergangenen Jahr stimmten Banken und Versicherer dem Verzicht auf Forderungen aus Staatsanleihen zwar unter sanftem Druck der Politiker, aber offiziell "freiwillig" zu.

Mit dem "Haircut" sollen die privaten Gläubiger etwa 100 Milliarden Euro abschreiben. Die Euro-Länder wollen die neuen Schuldscheine mit 30 Milliarden Euro absichern. Zudem sind sie bereit, den Griechen ein zweites Rettungspaket in Höhe von 100 Milliarden Euro zu gewähren, wenn im Gegenzug strikte Spar- und Reformauflagen erfüllt werden.

Der Schuldenschnitt und die Finanzspritzen sollen ermöglichen, dass die griechische Schuldenlast von 170 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 gedrückt werden kann. Alle Entscheidungen müssten dieses im Oktober festgelegte Ziel berücksichtigen, sagte Juncker. Je höher aber die Zinsen, desto weniger sinkt die Verschuldung des Staates.

"Nicht mehr auf dem Gleis"

Neben dem Aufruf zur Mäßigung an die privaten Gläubiger machte Euro-Gruppen-Chef Juncker auch der griechischen Regierung erneut Druck. In der Sitzung musste sich Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos viel Kritik anhören.

Zusammen mit EU-Währungskommissar Olli Rehn forderte Juncker neue Reformanstrengungen. "Es ist offensichtlich, dass das griechische Programm nicht mehr auf dem Gleis ist. Es muss deshalb Fortschritte geben, ehe wir ein neues Programm vereinbaren können", sagte er. Die nächsten Milliarden Hilfsgeld gibt es erst, wenn Griechenland sich mit den Gläubigern geeinigt hat und die Helfer mit seinen Reformen zufriedengestellt hat. Deshalb sind die Troika-Experten von Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und IWF seit vergangener Woche wieder im Land, um die Umsetzung der bisherigen Sparschritte zu überprüfen und die Finanzlücke zu bestimmen.

Spätestens am 20. März muss das neue Paket zur Verfügung stehen. Sonst könnte Athen 14,5 Milliarden Schulden nicht begleichen und wäre bankrott - was nicht absehbare Folgen für die Währungsunion hätte.

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