Möglicher Staatsbankrott:Troika prüft Griechenland

Lesezeit: 2 min

Kann sich Griechenland in der Euro-Zone halten? Die Inspektoren der Troika prüfen von diesem Dienstag an, wie es um die Reformen im Land steht. Vom Bericht der Experten hängt es am Ende ab, ob Athen eine weitere Tranche aus dem zweiten Euro-Hilfspaket bekommt. Klar ist: Das Programm ist mindestens drei Monate in Verzug.

Cerstin Gammelin, Brüssel

An diesem Montag sind die Inspektoren der Troika wieder nach Athen gereist. Ihre Rückkehr? Ungewiss. "Wir werden den Stand der Umsetzung des Anpassungsprogramms überprüfen und mit den Regierungsvertretern die weiteren Maßnahmen erörtern", sagte einer der Chefinspektoren aus der Europäischen Kommission der Süddeutschen Zeitung vor seiner Abreise. Wie lange das dauern werde, lasse sich angesichts der Erfahrungen aus mehreren Jahren Krisenmanagement mit Athen nicht abschätzen. Man hoffe, im September einen Bericht vorlegen zu können, sagte der Chefinspektor. "Aber was lässt sich beim griechischen Anpassungsprogramm schon genau voraussagen?"

Die Kontrolleure der Kreditgeber Griechenlands von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds treffen sich auch erstmals mit Finanzminister Ioannis Stournaras. (Foto: AFP)

Zeitgleich mit den Inspektoren aus Brüssel machten sich auch die Kollegen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) aus Washington auf den Weg nach Athen. "Unsere Mission wird prüfen, wie das Hilfsprogramm für Griechenland wieder funktionsfähig gemacht werden kann", sagte ein IWF-Sprecher in Washington. Es ist die erste Mission der Troika seit April. Kurz danach begann der griechische Wahlkampf, der die Bemühungen der Übergangsregierung, die vereinbarten Spar- und Reformprogramme umzusetzen, weitgehend zum Erliegen brachte.

Was die Inspektoren der Kreditgeber von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF vorfinden werden, ist schon vorab grundsätzlich klar: ein Programm, dessen Umsetzung mindestens drei Monate in Verzug ist. Ein Beamter aus der Chefetage der EU-Kommission formuliert es so: Athen hat bis Ende April die vereinbarten Sparbeschlüsse im öffentlichen Dienst umgesetzt. Danach nicht mehr. Das Land hat keinen der Beschlüsse zum Verkauf von Staatseigentum umgesetzt. Es gibt auch noch kein Steuersystem und kein Katasteramt. "Wir haben bedeutende Verzögerungen", fasste ein Sprecher der EU-Kommission am Montag die Lage zusammen.

Zeitlicher Aufschub beim Sparen

Die Troika werde nun die Bücher der griechischen Behörden prüfen und mit der Regierung darüber sprechen, was umgesetzt wurde - und was nicht. Am Donnerstag steht ein erstes Treffen mit Finanzminister Ioannis Stournaras auf dem Plan. Aus griechischen Regierungskreisen verlautete am Montag, Premierminister Antonis Samaras präzisiere derzeit das Spar- und Reformpaket für die Jahre 2013 und 2014. Darin seien Maßnahmen im Wert von 11,6 Milliarden Euro aufgeführt, was allerdings noch nicht reicht. Samaras muss weitere drei Milliarden Euro einsparen.

Griechenlands neue Regierung deutet bereits an, um zeitlichen Aufschub beim Sparen und Reformieren zu bitten. Im Gespräch sind zwei Monate. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker ist bereit, darüber grundsätzlich zu reden. Die Bundesregierung macht das weitere Vorgehen vom Bericht der Troika abhängig. "Man wird dann im Lichte der Fakten über den Stand der Umsetzung der Verpflichtungen sprechen und über das weitere Vorgehen auch", sagte ein Sprecher der Bundesregierung am Montag. Wirtschaftsminister Philipp Rösler hatte sich am Sonntag allerdings "mehr als skeptisch" zu Griechenland geäußert und betont, ein Austritt Athens aus der Euro-Zone habe "längst seinen Schrecken verloren".

Dieser Einschätzung widersprach die EU-Kommission am Montag. "Wir wollen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt", sagte ein Sprecher. Die Behörde werde sich nicht an Spekulationen über den angeblich bevorstehenden Bankrott Griechenlands und den Austritt des Landes aus dem Euro beteiligen.

Ein zeitlicher Aufschub würde allerdings bedeuten, dass Griechenland mehr Geld als die für das zweite Hilfsprogramm vereinbarten 130 Milliarden Euro benötigt. Derzeit wartet das Land nach Angaben aus dem Bundesfinanzministerium auf die Freigabe einer weiteren Tranche von gut 31 Milliarden Euro. In Brüssel zeigten sich hohe Beamte zuversichtlich, dass sich Athen auch ohne das Geld über den Sommer finanzieren könne. Einerseits seien die Einnahmen aus dem Tourismus im Sommer höher als in den anderen Monaten. Das Geld könne dann direkt in den Haushalt fließen. Zudem müsse Athen am 20. August etwa 3,8 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. "Da wird es sicherlich eine Zwischenlösung geben", sagte ein hoher EU-Beamter. Solange, bis die nächste Tranche aus dem zweiten Hilfspaket gezahlt wird - also frühestens nach einem positiven Votum der Troika.

© SZ vom 24.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: